Im Gespräch: Katharina von “Ein bisschen schwanger” — Podcast und Seminare für den Kinderwunsch
Erst kürzlich habe ich den Podcast “Ein bisschen schwanger” von Katharina entdeckt. Mit sehr viel Herzblut widmet sie sich dem Thema Kinderwunsch und man spürt, wie wichtig ihr das Thema sowie die betroffenen Paare sind. Katharina hat also ganz ähnliche Inhalte und Ziele wie ich. Allerdings mit anderen Schwerpunkten. Während ich das Kinderwunsch-Magazin hier betreibe, konzentriert sie sich auf den Podcast, schreibt ein Buch und gibt seit neustem auch Kinderwunsch-Seminar. Katharina ist also eine absolut interessante Gesprächspartnerin, die viele gute Gedanken zum “unerfüllten Kinderwunsch” hat.
Claudia von Wegweiser Kinderwunsch:
Hallo Katharina, seit Anfang diesen Jahres teilst Du deine Kinderwunsch-Geschichte auf deinem Blog und deinem Podcast „Ein Bisschen Schwanger“. Wie bist Du dazu gekommen „Ein Bisschen Schwanger“ ins Leben zu rufen?
Katharina von Ein Bisschen Schwanger:
Hallo Claudia und vielen Dank für deine Einladung zum Interview. Ich glaube die vielen (auch nicht immer guten) Erfahrungen auf unserem Weg zu unserem Sohn haben den Ausschlag gegeben, dass ich mich am Anfang des Jahres dazu entschlossen habe, unsere Geschichte zu erzählen. Man sagt ja „Hinterher ist man immer schlauer…“ und besonders bei unserem Weg kann ich das unterschreiben.
Beim Kinderwunsch gibt es viele Möglichkeiten, um ihre Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung zu verbessern
Katharina von Ein Bisschen Schwanger:
Ich glaube es wäre deutlich früher möglich gewesen, die Gründe für unsere Fehlgeburten zu erkennen. Heute mache ich mir deshalb manchmal Vorwürfe…hätte ich früher erkannt, was bei uns nicht stimmt, dann hätten die fünf Fehlgeburten die ich hatte, sicher teilweise verhindert werden können. Mit „Ein Bisschen Schwanger“ möchte ich dieses Wissen, dass ich in den Jahren gesammelt habe weiter geben und so hoffe ich, dass es anderen Paaren besser geht als uns.
Das sie viel früher Erfolg mit ihrer Behandlung haben und das nicht einfach alles so hingenommen wird, was die Ärzte sagen. Ich denke es ist wichtig, dass die Patienten heute ganz generell erkennen, dass es notwendig ist, das man auch selbst eine gewisse Eigenverantwortung für seine Behandlung übernimmt. Natürlich sind die Ärzte die Profis und sie sind unverzichtbar, wenn man auf eine künstliche Befruchtung angewiesen ist. Allerdings gibt es beim Kinderwunsch trotzdem sehr viele Dinge, die die Patienten tun und entscheiden können, um ihre Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung deutlich zu verbessern.
Die Hälfte der Paare bleiben nach 3 Versuchen einer künstlichen Befruchtung kinderlos
Claudia von Wegweiser Kinderwunsch:
Etwa die Hälfte der Paare die eine Kinderwunschbehandlung beginnen, bleiben nach den üblichen 3 Versuchen einer künstlichen Befruchtung trotzdem kinderlos. Wie erklärst Du dir das?
Katharina von Ein Bisschen Schwanger:
Die drei Chancen die (insbesondere gesetzlich versicherten) Paaren auf ihre Wunschkind gegeben werden, werden aus meiner Sicht häufig nicht wirklich effektiv genutzt. Ich denke es ist notwendig, dass sich Paare auch schon vor der künstlichen Befruchtung damit auseinandersetzen, wie sie ihre Chancen auf ein Kind verbessern können (z.B.: mit der richtigen Ernährung, evtl. Nahrungsergänzungsmitteln und einer Anpassung des Lebensstils).
Außerdem spielt die Diagnostik beim Start einer Kinderwunschbehandlung eine große Rolle.
Wenn z.B. die Schilddrüsenwerte nicht ideal für eine Schwangerschaft sind, sollte dies erstmal medikamentös eingestellt werden…das ist aber noch lange nicht immer der Fall und die Schilddrüse ist hier nur exemplarisch ein Faktor von Vielen…
Wenn der erste Versuch und eventuell auch ein Kryo-Versuch nicht erfolgreich war, obwohl gute Embryonen übertragen wurden, sollte an dieser Stelle nach einer Optimierung der Behandlung geschaut werden. Leider wird z.B. über die vielen (oftmals relativ günstigen) Zusatzleistungen wenig informiert und auch die weitere Diagnostik, die aus meiner Sicht schon vor einem gescheiterten zweiten Versuch begonnen werden sollte, bleibt oftmals unerwähnt.
So wird dann oft bis zum dritten und letzten Versuch mit einer Anpassung der Behandlung gewartet und auch hier ist es natürlich nicht sicher, das der Grund für die Probleme gefunden wird. In dieser Situation bleibt dann nur noch der letzte Versuch und wenn es dann nicht klappt ist für viele Paare, schon aus finanziellen Gründen, der Weg beendet.
Gerade weil es nur so wenige (zumindest zum Teil bezahlte) Versuche gibt, muss man schon früh schauen, woran es neben den klassischen Dinge, wie verschlossene Eileiter oder einem schlechten Spermiogramm, noch liegen kann.
Bei uns wurde lange davon ausgegangen, dass es an meinem Mann liegt und ich gesund bin.
Im Endeffekt lag es wohl immer mehr an mir, denn ich habe eine Gerinnungsstörung und ein Immunsystem, das die Embryonen nicht als schützenswert erkannt hat. Erst als diese Probleme behoben wurden, hat es geklappt.
Psyche und Partnerschaft sind Aspekte, die man neben der medizinischen Behandlung, am meisten im Blick behalten sollte
Claudia von Wegweiser Kinderwunsch:
Über den unerfüllten Kinderwunsch und besonders auch Kinderwunschbehandlungen wird heute immer noch nicht offen gesprochen und die Sorgen und Befürchtungen vor dem Start in eine Behandlung sind oft groß. Was war für dich die größte Herausforderung auf eurem Weg?
Katharina von Ein Bisschen Schwanger:
Bevor es bei uns mit der ICSI-Behandlung losging, habe ich gedacht, dass die Nebenwirkungen der Hormone oder die medizinischen Eingriffe, die größten Probleme sein würden. Sehr schnell hab ich dann gemerkt, dass besonders die psychischen Belastungen zu einem riesigen Problem werden. Am Anfang waren wir zwar sehr optimistisch, doch schon nach der ersten Warteschleife und dem negativen Schwangerschaftstest, hab ich gemerkt wie schwierig es ist, das psychisch „wegzustecken“. Als es dann bei der ersten Kryo geklappt hat und in der 9.SSW dann die erste Fehlgeburt folgte, war ich das erste Mal komplett am Boden.
Ich bin heute froh, das ich an dieser Stelle nicht wusste, das noch 4 weitere kurze Schwangerschaften folgen würden…
Auf jeden Fall sind die Psyche und die Partnerschaft für mich heute die Aspekte, die man neben der medizinischen Behandlung, am meisten im Blick behalten sollte.
Es ist wichtig sich auch Pausen von der Behandlung zu nehmen, damit man vielleicht mit neuen Erkenntnissen (z.B.: weiterer Diagnostik) und mit neuer Energie in den nächsten Behandlungszyklus starten kann und in diesen Pausen sollte man ganz aktiv auch die eigene Partnerschaft pflegen, denn auch hier kann eine Kinderwunschbehandlung zur großen Herausforderung werden.
Claudia von Wegweiser Kinderwunsch:
Du sprichst gerade die Partnerschaft an und das eine Kinderwunschbehandlung hier zu Problemen führen kann. Wie haben dein Mann und Du das empfunden?
Katharina von Ein Bisschen Schwanger:
Die Zeit der Kinderwunschbehandlung und besonders auch die vielen Fehlgeburten waren für uns eine sehr große Prüfung. Mein Mann und ich sind mit all den Dingen, die mit der KiWu-Bahndlung zusammenhingen sehr unterschiedlich umgegangen. Er wollte oft eher seine Ruhe vom Thema haben und nicht ständig darüber reden… Ich war dagegen teilweise wie „besessen“ und habe Tage und Nächte im Internet, in Fachbüchern, in Foren und in Studien alles über das Thema Reproduktionsmedizin gelesen, ich wollte den Schlüssel zu unserem Problem finden.
Für mich war der Gedanke, es könnte niemals mit unserem Wunschkind klappen, unerträglich…mein Mann hat irgendwann auch gesagt, das er auch ohne Kind leben könnte.
In der Situation hat das natürlich oft zu Konflikten geführt und ich hab ihm seinen Umgang mit unserem Problem manchmal übel genommen…heute weiss ich, dass ich mir hätte klar machen müssen, das wir unterschiedlich sind. Auch wenn man es manchmal vergisst, sind Männer und Frauen eben doch verschieden, sie gehen meistens anders mit Problemen um.
Mein Mann hätte meine Erwartungen gar nicht erfüllen können, ich habe es so betrachtet, als würde mein Mann die Situation sehen wie ich sie gesehen habe. Das war aber nicht so…mein Mann hat die Situation aus seiner Perspektive gesehen und sich dementsprechend verhalten.
Auch wenn ich es mir anders gewünscht hätte, weiss ich heute, dass ich ihm das nicht hätte übel nehmen dürfen…er hat sich einfach so verhalten, wie es für ihn Sinn gemacht hat.
Schon beim Start des Podcasts wusste ich aber, dass ich dem Zuhörer viel mehr interessante Inhalte anbieten möchte, als „nur“ meine Geschichte.
Claudia von Wegweiser Kinderwunsch:
Die ersten Folgen deines Podcasts haben sich besonders mit eurer Geschichte beschäftigt, seitdem sie mit eurem Sohn ein Happy End gefunden hat, hast du den Podcast etwas neu ausgerichtete. Willst Du etwas darüber erzählen, was die Zuhörer zukünftig bei dir erwartet?
Katharina von Ein Bisschen Schwanger:
Als mir die Idee mit dem Podcast eingefallen ist, dachte ich zuerst, dass ich nur kurz zum Start meine Geschichte erzähle…nun sind es aber doch fast 40 autobiografische Folgen geworden. Ich habe schnell gemerkt, dass es viel interessanter ist, wenn ich die Dinge die ich gelernt habe, mit den Situationen verbinde, in denen ich sie gelernt habe. Also habe ich zwar einerseits unsere Geschichte erzählt, dies aber immer auch z.B. mit medizinischem Wissen verbunden. Mein Ziel war es, dass der Zuhörer das lernt, was ich aus der Situation an Wissen mitgenommen habe.
Schon beim Start des Podcasts wusste ich aber, dass ich dem Zuhörer viel mehr interessante Inhalte anbieten möchte, als „nur“ meine Geschichte. Deswegen plane ich momentan viele Interviews mit Experten und interessanten Persönlichkeiten aus dem Kinderwunsch-Bereich.
Ich möchte mit dem was ich tue auch dafür Sorgen, dass das Thema unerfüllter Kinderwunsch und die Probleme, die damit zusammenhängen, viel mehr in den gesellschaftlichen Fokus gerückt werden. Es muss sich aus meiner Sicht noch viel ändern, damit die Situation ungewollt kinderloser Paare sich in Deutschland verbessert. Da sind einerseits die Paare selbst gefordert, aber auch auch das Umfeld der Paare, Politik, Ärzteschaft und Medien sollten aus meiner Sicht ganz anders an das Thema rangehen.
Der unerfüllte Kinderwunsch wird in unserer Gesellschaft bagatellisiert.
Claudia von Wegweiser Kinderwunsch:
Was sollte sich denn deiner Meinung nach verändern?
Katharina von Ein Bisschen Schwanger:
Sehr, sehr viel… Ich habe ja schon erwähnt, dass aus meiner Sicht die Patienten mehr Eigenverantwortung übernehmen sollten. Dies ist für mich ein großes Thema, denn leider sind sie es auch, die die negativen Folgen tragen müssen, wenn die Behandlung nicht erfolgreich ist.
Für die Ärzte und die Kliniken ist es nicht so tragisch, wenn ein Paar auch beim dritten Versuch kein Kind bekommt (auch wenn ich sicher bin, dass sich natürlich alle Kliniken und Ärzte ein positives Ergebnis gewünscht hätten). Für das Paar ist damit aber ein Lebenstraum geplatzt und die Auswirkungen bleiben ein Leben lang.
Von den Ärzten würde ich mir eine andere Beratungspolitik, mehr Kooperation mit dem Patienten und mehr Forschergeist wünschen. Natürlich gibt es Ärzte, die mit Herz und Seele alles tun, damit ihre Patienten ihr Ziel vom Wunschkind erreichen…aber mich erreichen leider auch sehr viele Geschichten, bei denen die Ärzte wirklich nur das Minimum, was zu einer Kinderwunschbehandlung nötig ist, gemacht haben.
Ich denke es muss auch einen anderen Mindset in der Kinderwunschbehandlung geben, der sich mehr daran orientiert, welche Chancen sich z.B. aus neuen wissenschaftlichen Errungenschaften ergeben. Bei vielen Problemen, wie z.b. Fehlgeburten oder Einnistungsversagen, gibt es sehr vielversprechende Studien zur Verwendung unterschiedlicher Lösungsstrategien (wie z.B. der Untersuchung der Gerinnung und der Immunologie und der darauf basierenden Therapien). Leider wird von Seiten der Ärzte immer wieder auf noch bessere Studien verwiesen, die noch gebraucht werden würden, um die Wirksamkeit von Medikamenten möglichst zu 100% zu beweisen.
Wenn ich auf diese Studien gewartet hätte, hätte ich sicher noch weitere Fehlgeburten gehabt und unser Sohn wäre heute noch nicht auf der Welt. Das Handeln der Ärzte hängt für mich aber auch mit einem viel größeren Problem zusammen. Der unerfüllte Kinderwunsch wird in unserer Gesellschaft (noch) bagatellisiert.
Dies sieht man schon daran, dass es von den gesetzlichen Krankenversicherungen nicht einmal als Krankheit angesehen wird, wenn man keine Kinder bekommen kann. Auch der Begriff Kinder“Wunsch“ ist für mich irreführend, denn auf einen Wunsch kann man ja meist auch ohne Probleme verzichten.
Ein Kind zu bekommen und eine Familie zu gründen ist aber einer der essentiellsten Dinge, die uns als Menschen antreiben. Wenn wir das nicht können, dann können wir sozusagen unseren „natürlichen Zweck“ nicht erfüllen. Wie kann es dann sein, dass Unfruchtbarkeit keine Krankheit ist?
Hier würde ich mir von der Politik ein ganz anderes Problemverständnis und eine deutlich bessere Unterstützung wünschen. Die Ungleichbehandlung zwischen privatversicherten (hier gilt ein unerfüllter Kinderwunsch übrigens als Krankheit) und gesetzlich versicherten Paaren ist etwas, das unbedingt korrigiert werden müsste und generell sollte das Problem deutlich ernster genommen werden.
Hier wird natürlich erst einmal auf die Kosten verwiesen, aber ich bin mir sicher, dass die Behandlungskosten z.B. für Depressionen, nach einer gescheiterten Kinderwunschbehandlung, genauso hoch sind, wie als wenn man weitere Kinderwunschzyklen bezahlen würde. Hier sind sicher auch die Krankenkassen gefordert, die ja einen Einblick in die Kostenproblematik haben.
Man sieht also es ist noch viel zu tun und ich hoffe ich kann an der einen oder anderen Stelle einen positiven Einfluss für Kinderwunsch-Paare ausüben.
Es geht um all die Dinge, die ein Paar schon vor dem Start in die Kinderwunschbehandlung wissen sollte
Claudia von Wegweiser Kinderwunsch:
Das hört sich so an, als wenn Du für die Zukunft noch viel vor hast. Was planst Du denn momentan?
Katharina von Ein Bisschen Schwanger:
Ich denke, wenn die Patienten gut informiert sind und sie mit dem Arzt auf Augenhöhe sprechen können und wenn das Thema gesellschaftlich mehr in den Fokus rückt, ist schon viel gewonnen. Neben meinem Podcast und meinem YouTube-Kanal schreibe ich momentan an meinem ersten Buch. Im Kern wird es um all die Dinge gehen, die ein Paar schon vor dem Start in die Kinderwunschbehandlung wissen sollte. Es sind die Informationen, die ich eben gerne früher gehabt hätte und die uns auf jeden Fall deutlich schneller zu unserem kleinen Wunder gebracht hätten.
Darüberhinaus werde ich am 11.11.2018 mein erstes Kinderwunsch-Tagesseminar in Hamburg geben. Darauf freue ich mich ganz besonders.
Claudia von Wegweiser Kinderwunsch:
Das hört sich toll an. Wir verfolgen ja beide ganz ähnliche Ziele und arbeiten beide daran, dass das Thema mehr Beachtung geschenkt bekommt und ich freu mich, wenn wir uns dabei noch öfters begegnen. Dir wünsche ich auf jeden Fall erstmal ganz viel Erfolg bei deinen nächsten Schritte.
Katharina von Ein Bisschen Schwanger:
Vielen Dank, Claudia.
Weitere Informationen:
Ein bisschen schwanger — Blog und Podcast
Ein bisschen schwanger — Seminare
Ich bin Claudia. Kinderwunsch-Bloggerin mit über 10 Jahren eigener Kinderwunsch-Erfahrung: Endometriose-Fighterin, IVF-Kennerin, ICSI-Schwester, Pimp my Eggs Befürworterin und Initiatorin der Kinderwunsch-Bewegung #1von7
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