Sper­mi­en ein­frie­ren bei Krebs — zahlt die Kran­ken­kas­se?

Jun­ge Krebs­pa­ti­en­ten haben die Mög­lich­keit, ihre Ei- oder Samen­zel­len für die Zukunft ein­frie­ren zu las­sen. In bestimm­ten Fäl­len ist die Kran­ken­ver­si­che­rung ver­pflich­tet, die Kos­ten dafür auch bei pri­va­ten Anbie­tern zu über­neh­men. Ein aktu­el­les Urteil des Baye­ri­schen Lan­des­so­zi­al­ge­richts macht deut­lich, dass die Kran­ken­kas­se die Kos­ten für das Sper­mi­en ein­frie­ren bei Krebs auch dann tra­gen muss, wenn es kei­nen zuge­las­se­nen Leis­tungs­er­brin­ger gibt und die Leis­tung von einem pri­va­ten Anbie­ter durch­ge­führt wur­de.

Kryo­kon­ser­vie­rung bei Krebs als Opti­on für spä­te­re Fami­li­en­pla­nung

Die Behand­lung von Krebs kann die Frucht­bar­keit erheb­lich beein­träch­ti­gen, was die natür­li­che Zeu­gung eines Kin­des nach der The­ra­pie erschwert. Des­halb besteht die Mög­lich­keit, vor einer krebs­be­ding­ten Ope­ra­ti­on Ei- oder Samen­zel­len zu kon­ser­vie­ren, um sie spä­ter für eine künst­li­che Befruch­tung zu nut­zen. Die­se Metho­de wird als Kryo­kon­ser­vie­rung bezeich­net.

Wenn die Frucht­bar­keit durch die Krebs­the­ra­pie bedroht ist, über­nimmt die Kran­ken­ver­si­che­rung die Kos­ten für die­se Kon­ser­vie­rung. Beson­ders rele­vant wird dies, wenn die Kryo­kon­ser­vie­rung von einem pri­va­ten, nicht zuge­las­se­nen Anbie­ter durch­ge­führt wird – wie ein aktu­el­les Urteil des Baye­ri­schen Lan­des­so­zi­al­ge­richts zeigt (AZ: L 5 KR 377/22). Die Arbeits­ge­mein­schaft Sozi­al­recht des Deut­schen Anwalt­ver­eins hat auf die­ses Urteil hin­ge­wie­sen.

Der Fall: Unver­se­hens mit Krebs kon­fron­tiert

Ein jun­ger Mann erhielt im Jahr 2021 die Dia­gno­se Hoden­krebs. Durch die bevor­ste­hen­de The­ra­pie droh­te der Ver­lust sei­ner Zeu­gungs­fä­hig­keit. Am Don­ners­tag erhielt er die Ver­dachts­dia­gno­se, am Frei­tag wur­de die­se bestä­tigt, und bereits am Mon­tag fand die Kon­ser­vie­rung sei­ner Samen­zel­len statt, da die Ope­ra­ti­on für Mitt­woch geplant war. Der gesetz­li­che Anspruch auf Kryo­kon­ser­vie­rung für sol­che Fäl­le wur­de bereits 2019 geschaf­fen.

Die Kon­ser­vie­rung der Keim­zel­len erfolg­te in einer Kin­der­wunsch­pra­xis mit kas­sen­ärzt­li­cher Zulas­sung, die auf ihrer Web­sei­te die Kryo­kon­ser­vie­rung anbot. Aller­dings stell­te sich her­aus, dass die Kryo­kon­ser­vie­rung von einer GmbH durch­ge­führt wur­de, die nicht als Leis­tungs­er­brin­ger zuge­las­sen war. Die Kran­ken­kas­se ver­wei­ger­te die Kos­ten­über­nah­me mit der Begrün­dung, der Mann hät­te einen zuge­las­se­nen Leis­tungs­er­brin­ger wäh­len müs­sen.

Kein zuge­las­se­ner Leis­tungs­er­brin­ger in Bay­ern

Der Mann wehr­te sich gegen die Ent­schei­dung und das Lan­des­so­zi­al­ge­richt gab ihm Recht. Das Gericht stell­te ein Sys­tem­ver­sa­gen der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung fest, da selbst die Kas­sen­ärzt­li­che Ver­ei­ni­gung Bay­ern kei­nen zuge­las­se­nen Leis­tungs­er­brin­ger für die Kryo­kon­ser­vie­rung in Bay­ern benen­nen konn­te.

Das Urteil: Anspruch auf Kos­ten­er­stat­tung

Das Lan­des­so­zi­al­ge­richt bestä­tig­te das Recht des Ver­si­cher­ten, in einer Situa­ti­on des Sys­tem­ver­sa­gens der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung, Leis­tun­gen eines nicht zuge­las­se­nen, aber den­noch qua­li­fi­zier­ten Leis­tungs­er­brin­gers in Anspruch zu neh­men. In die­sem Fall muss die Kran­ken­kas­se dem Ver­si­cher­ten die Kos­ten für die Kon­ser­vie­rung sei­ner Keim­zel­len erstat­ten. Wenn selbst die Kas­sen­ärzt­li­che Ver­ei­ni­gung kei­nen zuge­las­se­nen Leis­tungs­er­brin­ger benen­nen kann, sind dem Ver­si­cher­ten wei­te­re Nach­for­schun­gen nicht zumut­bar.

Der Senat hat die Revi­si­on zum Bun­des­so­zi­al­ge­richt zuge­las­sen, was bedeu­tet, dass die Ent­schei­dung mög­li­cher­wei­se noch ein­mal über­prüft wird. Den­noch unter­streicht die­ses Urteil die Bedeu­tung der Absi­che­rung der Frucht­bar­keit von Krebs­pa­ti­en­ten und zeigt, dass die gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­run­gen in bestimm­ten Fäl­len auch die Kos­ten für pri­va­te Anbie­ter über­neh­men müs­sen, wenn kei­ne zuge­las­se­nen Alter­na­ti­ven ver­füg­bar sind.

Pres­se­mit­tei­lung des Baye­ri­schen Lan­des­so­zi­al­ge­richts zum Urteil

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