Auch ein schwa­cher Samen fin­det mal ein Ei. Wenn´s ohne frem­de Hil­fe nicht klappt mit dem Kin­der­wunsch.

In der Rei­he Kin­der­wunsch Unplug­ged führt Weg­wei­ser Kin­der­wunsch Inter­views mit Frau­en und Män­nern, die vom uner­füll­ten Kin­der­wunsch betrof­fen sind. Hier hier wer­den The­men ange­spro­chen, die meis­tens tabu sind. Du bist auf dei­nem Kin­der­wunsch-Weg mit allen sei­nen Sor­gen, Ängs­ten und Nöten nicht allei­ne. 


Heu­te im Inter­view: Ann (3 ICSIS, 3 Kry­os), 2 Kin­der, Buch­au­to­rin

Ann hat Anfang die­sen Jah­res ein sehr lesens­wer­tes Buch über den uner­füll­ten Kin­der­wunsch ver­öf­fent­licht —  Auch ein schwa­cher Samen fin­det mal ein Ei (Ama­zon Part­ner­link).

Ihr Anlie­gen: ande­re Betrof­fe­ne ermu­ti­gend zu beglei­ten. Das Buch zeigt, dass ihre Pro­ble­me kei­ne Aus­nah­me sind. Es gibt Hoff­nung ohne zu beschö­ni­gen und gewährt per­sön­li­che Ein­bli­cke in die­sen ner­ven­zeh­ren­den, kost­spie­li­gen und zeit­rau­ben­den Behand­lungs­ma­ra­thon. Dane­ben ent­hält es wich­ti­ge Sach­in­for­ma­tio­nen.

Im Gespräch habe ich mich mit Ann über die Hin­ter­grün­de ihres Kin­der­wunsch-Wegs und Ihres Buchs unter­hal­ten.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Wer bist Du? Erzäh­le uns ein wenig über dich selbst.

Ann:

Mein Name ist nicht Ann, den­noch nen­ne ich mich hier so. Unter dem Pseud­onym Ann A. Niem habe ich in den ver­gan­ge­nen Mona­ten ein Buch über uner­füll­ten Kin­der­wunsch und künst­li­che Befruch­tung geschrie­ben. Da ich dar­in Tei­le mei­ner Bio­gra­fie und die mei­ner Fami­lie wie­der­ge­be, möch­te ich unse­re Pri­vat­sphä­re schüt­zen.

Ich bin Ende drei­ßig und lebe mit mei­nem Mann und unse­ren zwei Kin­dern (2 und 5 Jah­re alt) in einem Münch­ner Vor­ort. Beruf­lich habe ich einen geis­tes­wis­sen­schaft­li­chen Hin­ter­grund und bewe­ge mich in der Münch­ner Kul­tur­sze­ne. Einen Text vom Umfang eines Buches habe ich bis­her noch nicht geschrie­ben.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Was hast Du auf Dei­nem Kin­der­wunsch-Weg alles erlebt?

Ann: 

Die kür­zest mög­li­che Beschrei­bung wäre sicher­lich „eine emo­tio­na­le Ach­ter­bahn­fahrt“. Als mein Mann und ich erfuh­ren, dass wir auf­grund der schlech­ten Qua­li­tät sei­ner Sper­mi­en auf natür­li­chem Weg kei­ne Kin­der bekom­men wür­den, waren wir seit 14 Jah­ren ein Paar und ver­such­ten seit einem Jahr ein Kind zu zeu­gen. Zum Glück war unse­re Bezie­hung so gut gefes­tigt, dass die fol­gen­den Jah­re zumin­dest auf die­ser Ebe­ne nicht zu einer Belas­tungs­pro­be wur­den.

Ohne alter­na­ti­ve Medi­zin oder etwas Ver­gleich­ba­res aus­zu­pro­bie­ren began­nen wir eine Kin­der­wunsch­be­hand­lung und gleich nach der ers­ten ICSI wur­de ich schwan­ger. Bis dahin emp­fand ich unse­re Situa­ti­on als erschwert, jedoch nicht als beson­ders belas­tend. An mei­ne Gren­zen kam ich dann, als wir ein zwei­tes Kind woll­ten. Erst nach dem fünf­ten Embryo­trans­fer (2 mal ICSI, 3 mal Kryo) fand eine Ein­nis­tung statt.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Was waren für dich die größ­ten Her­aus­for­de­run­gen und Pro­ble­me in Bezug auf den uner­füll­ten Kin­der­wunsch?

Ann:

Am belast­ends­ten war für mich der Spa­gat zwi­schen mei­nen Emo­tio­nen und mei­nem ratio­na­len Den­ken. Einer­seits ver­fing ich mich immer mehr in einem kind­li­chen „ich will aber“ und „bei den ande­ren klappt es doch auch“, ande­rer­seits wuss­te ich vom Kopf her ganz genau, dass die Erfolgs­wahr­schein­lich­keit bei jeweils nur ca. 20% lag und dass ich auf hohem Niveau jam­mer­te, weil wir bereits ein Kind hat­ten und es so vie­le schwe­re­re Schick­sa­le als unse­res gibt auf die­ser Welt.

Dann gab es natür­lich noch die Viel­zahl an Ter­mi­nen, die ich als gro­ße Her­aus­for­de­rung erlebt habe. Vor allem als das ers­te Kind schon da war und ich oft ziem­lich jon­glie­ren muss­te mit den Arzt­ter­mi­nen, den Bring- und Hol­zei­ten der Kin­der­be­treu­ung und ande­ren Ver­pflich­tun­gen.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Gab es für dich einen per­sön­li­chen Tief­punkt und wie hast du ihn über­wun­den?

Ann:

Am stärks­ten ein­ge­prägt hat sich mir die Zeit nach dem vier­ten nega­ti­ven Schwan­ger­schafts­test. Es war klar, dass nach dem dar­auf fol­gen­den Kryo-Ver­such unse­re Kran­ken­kas­se kei­ne Zuzah­lun­gen mehr leis­ten wür­de. Ich war erschöpft vom anhal­ten­den Hof­fen und den regel­mä­ßi­gen Ent­täu­schun­gen. Dazu kam, dass wir kurz vor dem Umzug in ein grö­ße­res Zuhau­se stan­den und ich eine rie­sen Panik davor hat­te, dass das dort vor­han­de­ne zwei­te Kin­der­zim­mer auf ewig ein Platz­hal­ter blei­ben wür­de.

Gehol­fen hat mir in die­ser und ver­gleich­ba­ren Situa­tio­nen das Wis­sen, dass es bereits ein­mal geklappt hat­te – dar­aus konn­te ich Kraft schöp­fen. Dane­ben war mein Mann die wich­tigs­te Stüt­ze. Und außer­dem jede Beschäf­ti­gung mit The­men jen­seits des Kin­der­wun­sches, um den Kopf frei zu bekom­men.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch: 

Was hat dich dazu bewegt, dei­ne Erfah­run­gen als Buch zu ver­öf­fent­li­chen?

Ann:

Vor der ers­ten Behand­lung unter­hiel­ten wir uns mit einem Paar, das eine erfolg­rei­che ICSI hin­ter sich hat­te. Die­se eine Stun­de war durch nichts zu erset­zen, weil jemand, der genau unser Pro­blem kann­te, anschau­lich berich­te­te, was uns erwar­ten wür­de. Da ich mir sicher bin, dass die Mehr­zahl der unge­wollt Kin­der­lo­sen kei­ne sol­chen Gesprächs­part­ner hat, woll­te ich die­sen Part mit mei­nem Buch über­neh­men.

Von Anfang an waren mir zwei Punk­te wich­tig. Das Buch soll­te neben der bewe­gen­den Schil­de­rung unse­res indi­vi­du­el­len Ein­zel­schick­sals auch Sach­in­for­ma­tio­nen beinhal­ten. Und zwei­tens woll­te ich nur ein Buch schrei­ben, wenn es am Ende gut aus­ge­hen wür­de. Aus eige­ner Erfah­rung weiß ich, wie emo­tio­nal angreif­bar man ist, wenn man sich vor oder in einer Kin­der­wunsch­be­hand­lung befin­det.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch: 
Wie offen bist Du mit dem uner­füll­ten Kin­der­wunsch umge­gan­gen?

Ann:

Wir sind mit unse­rem uner­füll­ten Kin­der­wunsch sehr pri­vat umge­gan­gen. Nur unse­re Eltern und Geschwis­ter wis­sen davon. Dadurch haben wir kei­ne unsen­si­ble Kom­men­ta­re dies­be­züg­lich erlebt und uns auf die all­ge­mei­ne Fra­ge nach geplan­tem Nach­wuchs auch recht all­ge­mein her­aus­win­den kön­nen.

Es ent­ging uns dadurch lei­der die Mög­lich­keit, Kon­takt zu wei­te­ren Lei­dens­ge­nos­sen zu fin­den. Eine Freun­din, die sehr offen mit ihrer Kin­der­wunsch­be­hand­lung umging, war sehr erstaunt, wie vie­le ihrer Gesprächs­part­ner selbst betrof­fen waren oder jemand kann­ten. Das Gefühl, mit sich und sei­nem The­ma nicht allein dazu­ste­hen, ist enorm wich­tig.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Möch­test Du den Lesern sonst noch etwas mit auf den Weg geben? 

Ann:

Ein paar prak­ti­sche Hin­wei­se. War­tet nicht zu lan­ge damit, euch unter­su­chen zu las­sen – das fängt bei den Schild­drü­sen­wer­ten an und hört beim Sper­mio­gramm auf.

Ach­tet genau dar­auf, wel­che Kon­di­tio­nen eure Kran­ken­kas­se bei künst­li­cher Befruch­tung hat, und wech­selt gege­be­nen­falls die Kas­se. Man­che Bun­des­län­der geben noch eine zusätz­li­che finan­zi­el­le Unter­stüt­zung, die vor Behand­lungs­be­ginn bean­tragt wer­den muss (www.informationsportal-kinderwunsch.de).

Kauft euch dün­ne­re Kanü­len für die Hor­mon­sprit­zen. Ich habe mich lan­ge mit den mit­ge­lie­fer­ten gequält, bis ich fest­ge­stellt habe, dass es in der Apo­the­ke auch dün­ne­re Auf­sät­ze gibt.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Vie­len Dank Ann für dei­ne offe­nen Wor­te. Toll, dass du dei­ne Erfah­run­gen in einem Buch teilst und so ande­re Paa­re auf ihrem Weg beglei­test. Ger­ne kön­nen die Leser hier einen Kom­men­tar für Ann hin­ter­las­sen (auf der Sei­te ganz unten). 

Zum Inhalt:

Ann und Jonas sind eines die­ser Paa­re, das man ins­ge­heim benei­det. Sie füh­ren eine lang­jäh­ri­ge, glück­li­che Bezie­hung, haben einen zwei­jäh­ri­gen Sohn und sind neu­er­dings Bau­her­ren. Doch sie füh­len sich alles ande­re als benei­dens­wert. Jonas lei­det unter einer Frucht­bar­keits­stö­rung. Des­halb kön­nen sie Kin­der nur mit Hil­fe von künst­li­cher Befruch­tung bekom­men – ihr Sohn wur­de bereits so gezeugt.
Seit fast einem Jahr wün­schen sich die bei­den nun schon ein Geschwis­ter­chen für ihren klei­nen Max. Als Ann nach dem vier­ten Embryo­trans­fer wie­der nicht schwan­ger wird, haben sie nur noch einen Ver­such, bevor ihre Kran­ken­kas­se kei­ne Zuzah­lun­gen mehr leis­tet. An die­sem Tief­punkt wird Ann bewusst, dass Jonas und ihr von Anfang an zusätz­li­che Unter­stüt­zung von außen gut getan hät­te. Sie beschließt, ein Buch über künst­li­che Befruch­tung zu schrei­ben, in dem genau das steht, was Jonas und ihr vor Beginn und wäh­rend der Kin­der­wunsch­be­hand­lung gehol­fen hät­te.
Nach­dem sie vie­le Mona­te spä­ter ihre Toch­ter im Arm hält, setzt Ann ihren Ent­schluss in die Tat um. Sie schil­dert aus­führ­lich und anschau­lich den Ablauf ihrer ers­ten und zugleich erfolg­rei­chen ICSI (Intra­zy­to­plas­ma­ti­sche Sper­mi­en­in­jek­ti­on). Anhand der dar­auf fol­gen­den (Fehl-)Versuche ver­deut­licht sie, wie zer­mür­bend Kin­der­wunsch­be­hand­lun­gen sein kön­nen, wel­che logis­ti­schen Her­aus­for­de­run­gen sie für eine Klein­fa­mi­lie mit sich brin­gen und wie skur­ril es sich anfühlt, wenn wäh­rend­des­sen das all­täg­li­che Leben ein­fach wei­ter­geht.

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