KIR Gene bei Kin­der­wunsch — alles was du dar­über wis­sen musst

Kir Gene

Wenn KIR-Gene bei Kin­der­wunsch feh­len, kann dies ein Grund für Unfrucht­bar­keit, uner­füll­ten Kin­der­wunsch und wie­der­hol­te Fehl­ge­bur­ten sein. Es ist ein sehr kom­ple­xes medi­zi­ni­sches The­ma. Des­halb ver­su­che ich, alles was du für den Kin­der­wunsch wis­sen musst, hier ein­fach und ver­ständ­lich zu erklä­ren.

Was sind KIR Gene?

Die Abkür­zung steht für “kil­ler cell immu­no­glo­bu­lin-like recep­tors”, also Kil­ler­zell-Immun­glo­bu­lin-ähn­li­che Rezep­to­ren. Es sind bestimm­te Rezep­to­ren in der Zell­mem­bran von Kil­ler­zel­len, also ein Teil unse­res Immun­sys­tems.

Die KIR-Gene sind am Chro­mo­som 19 ange­sie­delt, bis­her sind 16 ver­schie­de­ne KIR-Gene bekannt. Die Anzahl der vor­han­de­nen KIR-Gene vari­iert von Mensch zu Mensch. Kil­ler­zel­len haben gene­rell die Auf­ga­be, frem­de, von außen ein­drin­gen Zel­len zu erken­nen und zu zer­stö­ren.

Die KIR-Gene (Rezep­to­ren) kann man sich als bieg­sa­me Schlös­ser vor­stel­len. Die frem­den Zel­len haben in ihrer Zell­wand klei­ne Arme (HLA-Mole­kü­le), die in der HLA-Dia­gnos­tik wie klei­ne Schlüs­sel aus­se­hen. Die natür­li­che Kil­ler­zel­len (NKs), deren Akti­vi­tät durch die KIRs beein­flusst wird, tas­ten die frem­den Zel­len ab und suchen nach Schlüs­seln.

Das heißt, die Rezep­to­ren wer­den genutzt, um Infor­ma­tio­nen über die Zel­le, mit der sie in Kon­takt tre­ten, zu sam­meln. Sie detek­tie­ren Pro­te­ine, die als huma­ne Leu­ko­zy­ten-Anti­ge­ne (HLAs) bekannt sind und die an der Ober­flä­che ande­rer Zel­len vor­kom­men. Bei z.B. Tumor­zel­len oder infi­zier­ten Zel­len ist häu­fig die Ober­flä­chen-Prä­sen­ta­ti­on der HLA-Pro­te­ine gestört. Iden­ti­fi­ziert eine NK eine sol­che ver­än­der­te Zel­le, setzt sie Toxi­ne frei, die zur Abtö­tung der Ziel­zel­le füh­ren.

Die Akti­vie­rung der NKs wird durch ein kom­ple­xes Gleich­ge­wicht von akti­vie­ren­den und inhi­bie­ren­den (= hem­men­den) Rezep­to­ren und ihrem Bin­dungs­part­ner, den HLA-A‑, HLA-B- und HLA-C-Pro­te­inen, gesteu­ert.

Anhand eines Blut­test kann her­aus­ge­fun­den wer­den, ob der Frau bestimm­te KIR-Gene feh­len, die für die Ein­nis­tung wich­tig sind.

KIR Gene und Kin­der­wunsch

Ein Tumor oder ein Spen­der­or­gan und ein Embryo haben ähn­li­che Eigen­schaf­ten. Der Tumor ist eine Anhäu­fung bös­ar­ti­ger Zel­len, das Spen­der­or­gan besteht aus kör­per­frem­den Zel­len. Auch ein Embryo ist teil­wei­se kör­per­fremd, da er zur Hälf­te aus Erb­infor­ma­tio­nen des Vaters besteht.

Die Rezep­to­ren haben also die Auf­ga­be, den kör­per­frem­den Teil des Embry­os zu iden­ti­fi­zie­ren. Sie koor­di­nie­ren die Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen den Kil­ler­zel­len und dem Embryo, damit die­se kei­ne Toxi­ne frei­set­zen. Feh­len ein oder meh­re­re KIR-Gene bei Kin­der­wunsch, kommt es zu einer feh­ler­haf­ten Infor­ma­ti­ons­ver­mitt­lung zwi­schen den Kil­ler­zel­len und dem Embryo, die­se stu­fen den Embryo dann als gefähr­lich ein.

Die KIR-Typi­sie­rung erfolgt durch eine Blut­un­ter­su­chung, es gibt 3 gro­ße Grup­pen: AA, AB und BB. Der Geno­typ AA stellt das größ­te Risi­ko dar, hier besitzt die Frau kei­ne oder nur einen akti­vie­ren­den Rezep­tor (Hin­weis: hier­zu habe ich unter­schied­li­che Anga­ben bei der Recher­che erhal­ten). Hier­bei ist dem akti­vie­ren­den Rezep­tor KIR-2DS1 ver­mut­lich die größ­te Bedeu­tung zuzu­schrei­ben. 30–40% aller Frau­en in Euro­pa wei­sen den KIR-Rezep­tor­typ AA auf.

Auch die Reak­tio­nen zwi­schen KIR und HLA kön­nen in jeder Schwan­ger­schaft vari­ie­ren, je nach­dem, wel­ches der bei­den väter­li­chen HLA-C-Alle­le der Embryo geerbt hat. HLA‑C sind Anti­ge­ne im Kör­per, die in 2 Grup­pen unter­teilt wer­den: HLA-C1 und HLA-C2. Ist die Mut­ter Geno­typ AA und hat der Embryo mehr HLA-C2-Gene als die Mut­ter, besteht ein höhe­res Risi­ko für Kom­pli­ka­tio­nen, z.B. Prä­ek­lamp­sie.

War­um die HLA-C1-Gene nicht ein sol­ches Risi­ko wie die HLA-C2-Gene mit sich brin­gen, konn­te bis­her noch nicht fest­ge­stellt wer­den.

Feh­len­de KIR Gene — Behand­lung bei Kin­der­wunsch

Was pas­siert, wenn KIR Gene feh­len ?

Wenn KIR Gene feh­len, sind die immu­no­lo­gi­schen Pro­zes­se zwi­schen Kil­ler­zel­len und dem Embryo nicht im Gleich­ge­wicht. Dies ist häu­fig die Ursa­che für einen uner­füll­ten Kin­der­wunsch.

Was pas­siert, wenn KIR Gene feh­len?

  • der Embryo nis­tet sich nicht rich­tig ein
  • der Embryo wird abge­sto­ßen
  • eine Schwan­ger­schaft bleibt aus
  • es kommt zu wie­der­hol­ten Fehl­ge­bur­ten (habi­tu­el­le Abort­nei­gung)

Was kann bei einer Dia­gno­se feh­len­der KIR-Gene bei Kin­der­wunsch getan wer­den?

Was kann bei einer Dia­gno­se feh­len­der KIR-Gene bei Kin­der­wunsch getan wer­den?

Für Frau­en mit dem Typ AA ist es sta­tis­tisch gese­hen siche­rer, nur 1 Embryo trans­fe­riert zu bekom­men. So wer­den die ute­ri­nen natür­li­chen Kil­ler­zel­len (uNKs, also NKs in der Gebär­mut­ter) und damit die KIRs mit weni­ger kör­per­frem­den Zel­len kon­fron­tiert (= so wenig frem­des Erb­gut wie mög­lich). In einer empi­ri­schen Unter­su­chung war beim Trans­fer von 2 Embryo­nen im Ver­gleich zum Trans­fer von nur einem Embryo eine signi­fi­kant erhöh­te Fehl­ge­bur­ten­ra­te fest­zu­stel­len.

Häu­fig erfolgt eine Behand­lung mit dem Medi­ka­ment Gra­no­cy­te. Die­ses kommt eigent­lich aus der Krebs­be­hand­lung, sodass in der Kin­der­wunsch­be­hand­lung ein soge­nann­ter off-label-use erfolgt (= kei­ne Zulas­sung für die­ses Gebiet). Gra­no­cy­te ent­spricht dem Pro­te­in bzw Wachs­tums­fak­tor G‑CSF = Gra­nu­lo­zy­ten-Kolo­nie sti­mu­lie­ren­der Fak­tor. Die­ser wird auch im Kör­per, somit auch der Gebär­mut­ter pro­du­ziert. Die­ses Pro­te­in regu­liert das Wachs­tum sowie die Signal­über­tra­gung von Zel­len.

Das Medi­ka­ment wird z.B. auch bei Kno­chen­mark­spen­den ein­ge­setzt, um ein Absto­ßen zu ver­hin­dern. Gra­no­cy­te über­nimmt die Rol­le der feh­len­den KIR-Gene und opti­miert die Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen Mut­ter und Embryo. Es beschleu­nigt das Zell­wachs­tum, die Zell­tei­lung und die Bil­dung von wei­ßen Blut­kör­per­chen, was wich­ti­ge Vor­aus­set­zun­gen für die Ein­nis­tung sind.

Mög­li­che Neben­wir­kun­gen des Medi­ka­ments kön­nen grip­pe­ähn­li­che Sym­pto­me, wie Kopf­schmer­zen, Mat­tig­keit, Kno­chen­schmer­zen und Rücken­schmer­zen in. In sel­te­nen Fäl­len kommt es zu pul­mo­n­a­len Neben­wir­kun­gen (>0,01% und KIR Gene tes­ten

Unter­su­chung der KIR Gene bei uner­füll­tem Kin­der­wunsch

Die Ursa­chen­for­schung bei uner­füll­tem Kin­der­wunsch ist ein wich­ti­ger Bau­stein auf dem Weg zur Schwan­ger­schaft. Auch wenn bei­de Part­ner schein­bar gesund sind, kön­nen immu­no­lo­gi­sche Fak­to­ren der Aus­lö­ser für die unge­woll­te Kin­der­lo­sig­keit sein. Wenn ande­re Ursa­chen aus­ge­schlos­sen wur­den oder es häu­fig zu Fehl­ge­bur­ten kommt, ist eine immu­no­lo­gi­sche Unter­su­chung und damit ein Test der KIR Gene sinn­voll.

Wie wer­den KIR Gene bestimmt

Mit einem Blut­test kann getes­tet wer­den, ob dir bestimm­te KIR Gene feh­len, die für Kin­der­wunsch und Ein­nis­tung wich­tig sind. Wenn sich bestä­tigt, dass feh­len­de KIR Gene für den uner­füll­ten Kin­der­wunsch oder für Fehl­ge­bur­ten ver­ant­wort­lich sein könn­ten, kann Gra­no­cy­te gege­ben wer­den.

Wo kann man die KIR-Gene unter­su­chen las­sen ?

KIR-Pro­fil beim Fach­arzt für Immu­no­lo­gie

Die KIR-Gene kön­nen in der Regel über die Kin­der­wunsch-Pra­xis oder bei einem Fach­arzt für Immu­no­lo­gie unter­sucht wer­den. Bei­spiels­wei­se wird die KIR-Typi­sie­rung im Labor von Frau Dr. Rei­chel-Fentz ange­bo­ten.

Was kos­tet die Unter­su­chung der KIR Gene?

Du musst man für die Unter­su­chung der KIR-Gene mit Kos­ten von etwa 150–200 Euro rech­nen. Die gesetz­li­chen Kran­ken­kas­sen bezah­len die KIR-Typi­sie­rung in der Regel nicht. Den­noch kannst du, einen Antrag auf Kos­ten­über­nah­me zu stel­len, da in Ein­zel­fäl­len manch­mal Kos­ten von der Kran­ken­kas­se über­nom­men wer­den. Bei pri­va­ten Ver­si­che­rung soll­test du die Kos­ten­über­nah­me im Vor­feld klä­ren.

Aus­tausch mit Betrof­fe­nen

Auch Lisa hat die Dia­gno­se “feh­len­de KIR-Gene” bekom­men und sich danach inten­siv mit dem The­ma beschäf­tigt. Wenn du dich mit Lisa aus­tau­schen möch­test, fin­dest du Sie auf Insta­gram unter dem Benut­zer­na­men @klisachen

KIR Gene — Wei­ter­füh­ren­de Lite­ra­tur

  • “Why natu­ral kil­ler cells are not enough: a fur­ther under­stan­ding of kil­ler immun­glo­bu­lin-like recep­tor and human leu­ko­cytw anti­gen”
    Dia­na Alec­san­dru, M. D., PH. D. and Juan A. Gar­cia-Vales­co, M. D., Ph. D.
  • “Varia­ti­on of mate­r­nal KIR and fetal HLA‑C genes in repro­duc­ti­ve fail­ure: too ear­ly for cli­ni­cal inter­ven­ti­on”
    Ash­ley Mof­fett, Olym­pe Cha­za­ra, Fran­ces­co Coluc­ci, Mar­tin H John­son
  • “Mate­r­nal KIR haplo­ty­pe influen­ces live birth rate after dou­ble embryo trans­fer in IVF cycles in pati­ents with recur­rent mis­car­ri­a­ges and implan­ta­ti­on fail­ure”
    D. Alec­san­dru, N. Gar­ri­do, J. L. Vica­rio, A. Bar­rio, P. Apa­ri­cio, A. Reque­na, and J.A. Gar­cia-Vales­co
  •  IVF-SAAR -> Granozyte/Granocyte

Bild: Can­va — F019/2490

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