„Nur eine Hodenbiopsie (TESE) konnte uns helfen, schwanger zu werden.“
Johanna (33 Jahre) hat ihren Mann (44 Jahre) 2011 kennengelernt und 5 Jahre später geheiratet. Ihr Wunsch eine Familie zu gründen war nur durch eine Hodenbiopsie (TESE) in Verbindung mit einer künstlichen Befruchtung möglich. Heute lebt die Familie glücklich mit ihrem Sohn (7 Monate) und einem Hund in Chemnitz.
Hier spricht Johanna zum ersten Mal öffentlich über ihren Weg zum Wunschkind.
Der Wunsch eine Familie zu gründen
Mein Mann und ich haben uns 2011 kennen und lieben gelernt. Nach einem Jahr beschlossen wir zusammenzuziehen — dies auch mit dem Wunsch irgendwann eine Familie zu gründen.
Nach 1,5 Jahren wurde der Kinderwunsch immer größer. Nach Rücksprache mit der Frauenärztin setzte ich die Pille ab. Über ein Jahr lang passierte jedoch leider nichts, das auf eine Schwangerschaft hindeutete. Als es im ersten Jahr nicht klappte war ich enttäuscht.
Ich hatte das Gefühl, dass alle um uns herum schwanger wurden, nur ich selbst nicht. Auch die Fragen von der Familie nervten irgendwann sehr.
Vor allem die Mütter wollten wissen, wann Sie endlich Oma werden. Mein Mann sah das noch ganz easy – nach dem Motto: „Was nicht wird, ist eben so“. Er wäre auch so ganz glücklich.
Meine Frauenärztin gab mir 2015 dann den Rat gemeinsam mit meinem Mann in einer Kinderwunschklinik vorstellig zu werden. Der Gang zur Kinderwunschklinik ist uns nicht schwer gefallen. Ich war mir sicher, dort eine Antwort zu bekommen auf die Frage „wieso es nicht klappt“. Und wir haben große Hoffnungen hineingesetzt, dass sie uns helfen können.
Die Diagnose der Kinderwunsch-Klinik: keine Spermien
Den Besuch der Kinderwunsch-Klinik setzten wir bald in die Tat um. Nach einem kurzem Infogespräch wurde mein Mann gebeten, eine Samenprobe abzugeben. Er ist seit seinem zweiten Lebensjahr Diabetiker Typ 1.
Nach ein paar Stunden meldete sich die Klinik telefonisch. In der Probe waren keine lebenden Spermien zu finden. Der Urologe erklärte uns, dass durch die Diabetes seine Samenleiter verklebt seien und es nur durch eine Hodenbiopsie möglich sei, an gewünschtes Sperma zu kommen. Bei einer Hodenbiopsie werden die Samenzellen aus den Hoden (TESE) oder den Nebenhoden (MESA) gewonnen. Wenn die Entnahme gelingt, kann man eine künstliche Befruchtung per ICSI durchführen. Aber man konnte uns noch nicht sicher sagen, ob lebendes Material vorhanden ist.
Die einzige Möglichkeit ein gemeinsames Kind zu bekommen, war also die Hodenbiopsie (TESE) in Verbindung mit einer künstlichen Befruchtung (ICSI). Ich war erstmal geschockt nach der Diagnose.
Zudem wusste ich nicht, ob mein Mann bereit ist, solch eine Operation durchführen zu lassen. Wir haben lange darüber geredet und dachten: „Wenn die TESE der einzige Weg ist, dann probieren wir es.“
Als Hochzeitsgeschenk Geld für die Kinderwunsch-Behandlung
In einem weiteren Gespräch wurden uns die Kosten von der Kinderwunschklinik dargelegt. Für Ehepaare sei die Behandlung kostengünstiger, da Geld von der Krankenkasse erstattet wird. Auch das Alter der Paare spiele eine Rolle.
Somit planten wir für Juni 2016 unsere Hochzeit. Als Hochzeitsgeschenke wünschten wir uns nur Geld von Familie und Freunden, die so genannte „Babykasse“.
Bangen und Hoffen nach der Hodenbiopsie (TESE)
Richtig los ging es dann Ende 2016. Da stand die OP für meinen Mann an. Das Bangen war groß, ob sich durch die Hodenbiopsie Spermien gewinnen lassen würden. Leider sagte man uns nach dem Eingriff noch nicht viel, aber die Ärzte machten uns Hoffnung, dass das Material gut aussah. Nun hieß es auf die genaue Auswertung der Kinderwunschklinik zu warten.
Wir wussten zu diesem Zeitpunkt nicht, ob die TESE etwas gebracht hat und wir den Weg zum Wunschkind weiter gehen konnten. Das Warten zwischen dem Jahreswechsel hat mich verrückt gemacht.
Die Prognose des Arztes kurz nach der Hodenbiopsie war zwar positiv, aber wir haben uns zunächst sehr zurückhaltend gefreut. Also sehnten wir den Termin im Januar herbei, um Klarheit zu bekommen.
Als wir letztendlich in der Kinderwunschklinik erfahren haben, dass gute „Schwimmer“ gewonnen wurden, waren wir natürlich überglücklich. Und mein Mann froh, dass sich die Schmerzen nach der TESE gelohnt hatten.
Die Tage nach der OP waren wirklich sehr schmerzhaft — vor allem beim Laufen und Sitzen. Nur im Liegen war es trotz starker Schmerztabletten für ihn auszuhalten. Die Heilung bis zur Entfernung der Nähte hat einige Wochen gedauert. Aber auf die Schmerzen danach kann man sich ja nicht vorbereiten. Mein Mann sagt, dass es ein seltsamer Schmerz ist, den er noch nie hatte und mit nichts vergleichbar ist.
Die ICSI — ein weiterer Schritt zum Wunschkind
Im Februar 2017 war es dann für mich so weit. Bereits im Vorfeld hatte man bei Blutuntersuchungen eine Schilddrüsenunterfunktion entdeckt und mit Tabletten alles wieder richtig eingestellt.
Nun wurde mein Körper darauf getrimmt genügend Eier zu produzieren. Die ganzen Spritzen und Hormontabletten waren echt nicht einfach.
Vor allem vor den Spritzen hatte ich anfangs Respekt, das macht man normalerweise nicht jeden Tag. Aber ich gewöhnte mich schneller dran, als ich dachte.
Ende Februar war es dann soweit — mir konnten 6 Eier entnommen werden. Nach dem Eingriff hatte ich starke Unterleibsschmerzen und dachte, dass ich das nicht nochmal durchstehen würde. Von den 6 entnommen Eizellen ließen sich zwei befruchten, die mir dann nach ca. einer Woche eingesetzt wurden.
Warten auf den Bluttest – schwanger ?!
Noch schlimmer als die Entnahme der Eizellen, war fast das 14-tägige Warten auf die Blutuntersuchung. Nachdem das Blut abgenommen wurde, kam eine weitere Nacht dazu, um zu erfahren, ob es geklappt hat und ich schwanger bin.
Ich habe zwar versucht mich in dieser Zeit abzulenken, aber es kam immer wieder ein Tiefpunkt – vor allem abends. In meinem Kopf kreiste die Frage, ob es geklappt hat oder nicht. Mein Mann meinte, dass es nun nicht mehr in unserer Hand liegt und er liebt mich egal wie es ausgeht. Das war nicht einfach und gefühlt waren es die längsten 14 Tage in meinem Leben.
Dann machte ich morgens den lang ersehnten Anruf in der Kinderwunschklinik.
Mir blieb kurz die Luft weg als die Schwester sagte, „Glückwunsch Sie sind schwanger“. Das war ein großer Moment für mich und dauerte ein paar Minuten bis es wirklich bei mir ankam.
Es folgten weitere Kontrolltermine in der Kinderwunsch-Klinik und zusätzliche Hormone, damit alles gut weiter verläuft mit der Schwangerschaft. Bis man mir Anfang Mai 2017 sagte: „So nun können sie zu ihrer Frauenärztin gehen, dort geht es für Sie weiter. Sie zählen nun zu den „gewöhnlichen“ Schwangeren.“ Was für ein großes Glück für uns nach überstandener Hodenbiopsie und ICSI.
Dieser Weg ist nur zu schaffen, wenn beide Partner es wollen.
Im nachhinein mag sich unser Weg trotz TESE und ICSI nicht allzu schwierig anhören — aber es kostet viel Kraft das alles durchzustehen. Und es ist nur zu schaffen, wenn beide Partner es wirklich wollen. Einen echten Tiefpunkt hatten wir zum Glück nicht. Nur die dauerhafte Angst, dass der erste Versuch scheitert bzw. es überhaupt nicht klappt, hat uns begleitet.
Die meiste Kraft gab mir mein Mann, der in dieser Zeit immer für mich da war. Wir sind ein gutes starkes Team. Er hat nie Zweifel aufkommen lassen und mir immer Mut gemacht.
Es ist einfach wichtig sich mit seinem Partner zu beraten und auszutauschen, da es beide gleichermaßen betrifft.
Auch der engste Familien- und Freundeskreis wusste von Anfang an Bescheid. Schon allein um den nervigen und ständigen Fragen nach dem „Wann kommt denn bei euch endlich Nachwuchs“ Einhalt zu gebieten.
Ansonsten hilft nur eins:
Durchhalten und versuchen immer positiv zu denken.
Titelbild: Couple holding hands on table together © terovesalainen – fotolia.com
Ich bin Claudia. Kinderwunsch-Bloggerin mit über 10 Jahren eigener Kinderwunsch-Erfahrung: Endometriose-Fighterin, IVF-Kennerin, ICSI-Schwester, Pimp my Eggs Befürworterin und Initiatorin der Kinderwunsch-Bewegung #1von7
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