Bis dass Dei­ne Schwan­ger­schaft uns schei­det: Das Ende aller Freund­schaft?

Schwangerschaft & unerfüllter Kinderwunsch

Ein Gast­bei­trag von Isa (Won­der­land)

Wenn die Freun­din schwan­ger ist, du aber selbst einen gro­ßen Kin­der­wunsch hast. Wenn das gemein­sa­me Ziel zum Tren­nungs­grund zwi­schen ehe­ma­li­gen Weg­ge­fähr­tin­nen wird, dann herrscht oft Rat­lo­sig­keit und Ver­letzt­heit auf bei­den Sei­ten. Doch ist es wirk­lich die gro­ße Über­ra­schung, wenn es dazu kommt? Oder ist es nicht viel­mehr abseh­bar? Und ist das wirk­lich so schlimm?

Die Stär­ke der Kin­der­wunsch-Com­mu­ni­ties

Die Kin­der­wunsch-Com­mu­ni­ty lebt von einem simp­len Grund­satz. „Mise­ry loves com­pa­ny“ oder auf gut Deutsch „Nie­mand ist mit sei­nem Schmerz ger­ne allei­ne“.

Da uner­füll­ter Kin­der­wunsch ein The­ma ist, mit wel­chem man im RL (Real Life) oft rela­tiv allei­ne da ste­hen kann und über wel­ches Vie­le dort offen nur sehr selek­tiv spre­chen, ist die Bedeu­tung der Online-Gemein­schaft für die meis­ten wäh­rend des Kin­der­wunsch­wegs (manch­mal über Jah­re) groß.
Da sind end­lich ande­re – mehr­heit­lich Frau­en – , die ver­ste­hen, was man sel­ber erlebt.
Die einen unter­stüt­zen. Die mit einem hof­fen, mit einem wütend oder trau­rig sind und auch mit einem lachen… über den ganz nor­ma­len Wahn­sinn, den man im Kin­der­wunsch-Zir­kus so erlebt.

Dar­über, dass man vom Tes­ten nicht schwan­ger wird und dar­über, dass die Apo­the­ke­rin um die Ecke zur Dea­le­rin des Ver­trau­ens wird. Dar­über, dass man sich auf Restau­rant­toi­let­ten oder zwi­schen zwei Mee­tings Sprit­zen in die Bauch­de­cke ram­men und anschlie­ßend mit Poker­face wie­der im Bespre­chungs­raum oder am Tisch Platz neh­men kann. „War was?“ „Nö. Und sonst so?“
Man macht Wit­ze über Hams­ter­pipi (M*nogon), über Fress­flashs und Wut­aus­brü­che.

Man emp­fiehlt sich gegen­sei­tig Kli­ni­ken, Home­pages und Glo­bu­lis, ver­schickt Tees durch die Repu­blik, leiht sich gegen­sei­tig Bücher und ver­teilt vir­tu­el­le Taschen­tü­cher oder Her­zen anein­an­der, ver­sen­det auf­mun­tern­de WA oder ver­schickt klei­ne Ich-denk-an-Dich-Kar­ten oder Trost­päck­chen und erhält eben sol­che zurück.

Die­ser unglaub­li­che und enorm wert­vol­le gegen­sei­ti­ge Sup­port wäh­rend der gemein­sa­men War­te­schlei­fen funk­tio­niert in öffent­li­chen und geschlos­se­nen Foren, in FB-Grup­pen, in der Blog­ger-Gemein­schaft oder WA-Grup­pen so.

Dort wo die Struk­tur es zulässt, wer­den oft unter­schied­li­che Berei­che geschaf­fen. Die hei­ßen dann „Hib­beln“, „End­lich schwan­ger“ und „End­lich Mut­ter“ oder so ähn­lich. Manch­mal gibt es dann noch den Raum „Abschied“ oder „Leben ohne Kind“. Das sind die Berei­che, in denen – o.m.G. – kei­ne® enden will und die auch rela­tiv unbe­lebt sind. Weil die, die sie eines Tages nut­zen könn­ten, es vor­zie­hen, sich über kurz oder lang abzu­mel­den. Aus Grün­den.

Die unter­schied­li­chen Berei­che in Foren ent­spre­chen einer­seits dem Bedürf­nis nach einem siche­ren Raum. Sie sor­gen dafür, dass Lang­zeit­kin­der­wün­schen­de und/oder Frau­en nach Fehl­ge­bur­ten nicht unge­wollt und unvor­her­ge­se­hen über Jubel­pos­tings „Hur­ra schwan­ger“ oder die geschmack­lich sicher dis­kus­si­ons­wür­di­gen Signa­tur-Ban­ner „Emi­lia-Jose­phi­ne – noch 52 Tage bis zur Geburt unse­rer Prin­zes­sin“ flie­gen …. und ermög­li­chen Schwan­ge­ren, sich ohne Rück­sicht­nah­me auf die Gefüh­le ihrer ehe­ma­li­gen „Kin­der­wunsch-Schwes­tern“ über Sod­bren­nen, Rücken­schmer­zen und Kin­der­zim­mer­ein­rich­tun­gen aber auch Ängs­te und Sor­gen aus­tau­schen kön­nen. Denn auch eine Schwan­ger­schaft löscht nicht ein­fach so das Trau­ma einer lan­gen Kin­der­wunsch-Zeit aus. Han­delt es sich gar um eine Fol­ge­schwan­ger­schaft sind die Ängs­te gera­de Anfangs groß.

Genau­so funk­tio­nie­ren auch die Blogrolls, die man­che Blog­ger nach ähn­li­chen Kri­te­ri­en erstel­len und wo die Blogs ande­rer je nach Sta­tus­mel­dung „Kin­der­wunsch, schwan­ger, Mut­ter“ ver­scho­ben und manch­mal auch hin und her gescho­ben wer­den.

Die Gren­zen des gegen­sei­ti­gen Sup­ports

So weit – so gut – so sinn­voll!

Das alles schweißt zusam­men. Gar kei­ne Fra­ge. Und man­che mögen sich den­ken, da passt kein Blatt mehr zwi­schen. Zwi­schen die­se Frau­en­freund­schaf­ten.
Nun, ein Blatt viel­leicht nicht. Aber eine Schwan­ger­schaft und vor allem ein Kind geht oft locker dazwi­schen.

Gera­de die ver­schie­de­nen Berei­che, eigent­lich mal aus Rück­sicht­nah­me erdacht, lösen vor allem bei Lang­zeit­kin­der­wü­schen­den nicht sel­ten Gefüh­le von Neid bis Ver­zweif­lung aus und kön­nen einen Com­pe­ti­ti­on-Cha­rak­ter schaf­fen. Von „sich übrig geblie­ben füh­len“ liest man dann oft, von dem Gefühl, zu den „Ver­lie­rern“ zu gehö­ren. Allein dar­über gäbe es jetzt viel zu sagen – aber das ver­dien­te ein eige­nes Pos­ting.

Die Neu­en in den ver­schie­de­nen Gemein­schaf­ten ver­fol­gen noch begeis­tert jeden Schwan­ge­ren­blog und jeden Müt­ter-Thread mit – nicht weil sie beson­ders groß­zü­gig oder die bes­se­ren Sup­porte­rin­nen oder Freun­din­nen wären – son­dern weil der eige­ne Schmerz noch nicht so tief sitzt, die eige­ne Hoff­nung noch groß ist und die Über­zeu­gung, man sel­ber „gehö­re auch bald dazu“, noch domi­niert.

Der Rück­zug von Schwan­ge­ren und Müt­tern

Die­je­ni­gen, die schon lan­ge auf dem Weg unter­wegs sind und bereits eine Viel­zahl von Ent­täu­schun­gen und Schmerz bis hin zu trau­ma­ti­schen Erfah­run­gen gesam­melt haben, zie­hen sich dage­gen immer öfter zumin­dest pha­sen­wei­se zurück und ver­fol­gen den Blog einer Neu­schwan­ge­ren ent­we­der nur noch selten(er) kom­men­tie­rend, stumm lesend oder gar nicht mehr.

Und … um bit­te mal ganz klar zu sein an die­sem Punkt: Das ist auch völ­lig in Ord­nung so. Man nennt das auch gesun­de Selbst­für­sor­ge! Die eige­ne emo­tio­na­le Belast­bar­keit anzu­er­ken­nen und sich nicht mehr Trig­gern aus­zu­set­zen als unbe­dingt nötig ist rich­tig und wich­tig.

Dar­über hin­aus gibt es The­men, zu denen kann man sich auch wirk­lich nur halb­wegs sinn­voll äußern, wenn man eige­ne Erfah­run­gen dazu bei­tra­gen kann. Und … es gibt The­men, für die inter­es­siert man sich – to be honest – auch nur, wenn man sel­ber davon betrof­fen ist.

Freun­din schwan­ger: Unver­ständ­nis und ver­letz­te Gefüh­le

Über­ra­schen­der­wei­se reagiert manch Schwan­ge­re gera­de­zu belei­digt auf die­sen Rück­zug …. und for­dert die ihr ihrer Mei­nung nach zuste­hen­de Auf­merk­sam­keit und Anteil­nah­me regel­recht ein. Da wird sich manch­mal sogar nicht gescheut, tief in die Trick­kis­te ‚emo­tio­na­ler Erpres­sung‘ zu grei­fen.
Der Rück­zug ihrer ehe­ma­li­gen Weg­ge­fähr­tin­nen wird per­sön­lich genom­men, weil sie sel­ber als Per­son gese­hen wer­den wol­len und nicht plötz­lich als „Schwan­ge­re.

Ver­wirrt? Ja, das ist auch ver­wir­rend, weil….

Einer­seits ist das natür­lich nach­voll­zieh­bar –  aber es ist eben auch dop­pel­bö­dig. Denn all die Jah­re vor­her hat sich das Zusam­men­ge­hö­rig­keits­ge­fühl der Kin­der­wunsch­frau­en genau auch dar­aus genährt: Das glei­che Schick­sal zu tei­len. Nicht schwan­ger zu wer­den. Zusam­men gegen den igno­ran­ten, ‚frucht­ba­ren‘ Teil der Welt zu ste­hen.

Oft sind es gera­de die Schwan­ge­ren und Müt­ter, die sich ihre eige­nen nega­ti­ven Gefüh­le als Kin­der­wunsch­frau sel­ber nicht gestat­tet haben und die sich immer wie­der schlecht fühl­ten, wenn sie Gefüh­le wie Neid oder Wut oder ein­fach nur Trau­er statt ech­ter Mit-Freu­de emp­fan­den, weil die­se Emo­tio­nen so gar nicht ins eige­ne Selbst­bild pass­ten. Die­se Frau­en neh­men es ihrer­seits oft beson­ders übel, wenn jemand ande­res mit Rück­zug auf ihren Sta­tus­wech­sel zu „schwan­ger“ reagiert.

Dann gibt es da noch die Grup­pe derer, die als Kin­der­wunsch­frau­en am lau­tes­ten getobt und die qua­si Gift und Gal­le gespuckt haben … über (ver­meint­lich) rück­sichts­lo­se schwan­ge­re Freun­din­nen, Kol­le­gin­nen, Blog­ge­rin­nen und Foren­schwes­tern. Die, die man fort­wäh­rend auf­bau­en muss­te. Genau die haben eben­falls oft die Erwar­tungs­hal­tung, jede® möge sich doch bit­te ange­mes­sen mit freu­en und wei­ter betei­ligt zei­gen.

In einem Kon­text, in dem die eine oder ande­re Freund­schaft im RL schon nicht über­lebt hat, wenn eine von zwei­en plötz­lich Mut­ter wird, besteht nun plötz­lich die Erwar­tungs­hal­tung, online möge das doch bit­te anders sein.

Mmmhhhhmmmm….Finde den Feh­ler 🙂

Was Schick­sals­ge­mein­schaf­ten sind – und was sie nicht sind

Viel­leicht wäre es hilf­reich hier mal, qua­si kol­lek­tiv, von Anfang an die Erwar­tungs­hal­tun­gen run­ter zu schrau­ben und zu akzep­tie­ren, dass Schick­sals­ge­mein­schaf­ten vor allem genau das sind, was sie im Wort­sinn bedeu­ten: Näm­lich Gemein­schaf­ten von Betrof­fe­nen, die sich gegen­sei­tig in einer har­ten Zeit bei­ste­hen. Und das ist wert­voll. Und so wich­tig.

War­um müs­sen sie denn noch mehr erfül­len, als genau das?

Und war­um erwar­ten aus­ge­rech­net die, die es doch eigent­lich bes­ser wis­sen müss­ten, von ihren ehe­ma­li­gen Schick­sals­ge­nos­sin­nen plötz­lich Rück­sicht, Anteil­nah­me, eif­ri­ges Kom­men­tie­ren, Mit(er)leben und wei­te­ren Sup­port – in einer Pha­se, wo dies nur von weni­gen der­art geleis­tet wer­den kann? Und sind ihrer­seits schein­bar mit einer Art Kin­der­wunsch-Teil-Amne­sie geseg­net, die zu einer ganz erstaun­li­chen Rück­sichts­lo­sig­keit führt?

Da wer­den in Foren plötz­lich Ultra­schall­bil­der und Gebur­stan­zei­gen (ver­se­hent­lich?) in geschüt­zen Räu­men gepos­tet, schlaue und vor allem unge­frag­te Rat­schlä­ge ver­teilt oder in völ­li­ger Eupho­rie ob des eige­nen Wun­ders auf ein­mal Durch­hal­te­pa­ro­len aus­ge­ge­ben, die die Ver­fas­se­rin der­sel­ben noch weni­ge Wochen zuvor dazu ver­an­lässt hät­te, im Stahl in einen Thread zu bre­chen.
Oder ist das Schwan­ge­ren-Demenz? Man weiß es nicht 🙂

Wie ein Lang­zeit-Kin­der­wunsch-Mann über das The­ma unge­frag­te Rat­schlä­ge und Durch­hal­te­pa­ro­len denkt, hat übri­gens neu­lich Hel­ge vom Vater­wunsch-Blog wun­der­bar beschrie­ben.

Hoff­nung für die Freund­schaft?

Irgend­wann, wenn Lang­zeit­kin­der­wün­schen­de, die kin­der­los blei­ben, Abschied genom­men haben und in ihrem Leben als dau­er­haft, wenn auch unge­plant Kin­der­lo­se ange­kom­men sind, dann ist eine Wie­der­an­nä­he­rung ehe­ma­li­ger Freun­din­nen und Weg­ge­fähr­tin­nen sogar manch­mal wie­der mög­lich.
Vor allem dann, wenn auch die zur Mut­ter gewor­de­nen Freun­din bereits oder zumin­dest zeit­gleich aus ihrem Baby­ko­kon auf­ge­taucht ist und die Außen­welt wie­der ohne rosa Fil­ter wahr­nimmt.

Die eine oder ande­re Freund­schaft im RL lässt sich dann sogar wie­der bele­ben.
Für die meis­ten Online-Freund­schaf­ten dürf­te es dann i.d.R. aber zu spät sein.

Ich erle­be übri­gens gar nicht so sel­ten, dass das Ver­ständ­nis von Müt­tern, die kei­ne eige­ne Kin­der­wunsch­ge­schich­te hin­ter sich haben, gegen­über CNBC (child­less not by choice) grö­ßer sein kann, als das ehem­li­ger KiWus, die (noch) Mut­ter wur­den. Denn letz­te­re emp­fin­den sich auf­grund ihrer eige­nen Bio­gra­phie oft als Exper­tin für den Kin­der­wunsch­weg per se. Dabei ver­ges­sen sie dann aber, dass ihre Erfah­run­gen im Gegen­satz zu denen, die den Weg wei­ter gehen oder ihn sogar irgend­wann mit Aus­fahrt Won­de­rand ver­las­sen, mit der Schwangerschaft/Mutterschaft enden!

Jeder wei­te­re Schritt, den eine ande­re auf die­sem Weg wei­ter geht, ent­zieht sich ihrem eige­nen Erfah­rungs­ho­ri­zont. Glau­bens­sät­ze wie: „Also, ich hät­te mich nie­mals damit abfin­den kön­nen, kin­der­los zu blei­ben“ oder „Also, ich hät­te mich ganz sicher damit abge­fun­den“ sind nichts ande­res als … Glau­bens­sät­ze. Sie müs­sen den Rea­li­täts­test nie­mals mehr bestehen.
Daher sind sie inhalt­lich für CNBC völ­lig irrele­vant und gehö­ren in kei­ne ein­zi­ge Kom­mu­ni­ka­ti­on. Mit sol­chen Aus­sa­gen geht man denen, die mit dem A*sch noch in der Höl­le sit­zen, nur mäch­tig auf die Eier­stö­cke. Bes­ten­falls.

Der ein­zi­ge Freund­schafts­dienst, den man sich gegen­sei­tig manch­mal noch tun kann, besteht dar­in, zu respek­tie­ren, dass man­che Wege sich – zumin­dest tem­po­rär – tren­nen. Nicht jede Freund­schaft über­dau­ert die Zeit. Und dafür braucht es nicht mal einen Kin­der­wunsch und eine Schwan­ger­schaft als„Trennungsgrund“ 😉

Die Tat­sa­che, einen Weg nicht gemein­sam wei­ter zu gehen wer­tet die gemein­sa­me Ver­gan­gen­heit ja nicht ab.
Wert­schät­zen was war und los­las­sen, was nicht mehr sein kann oder ist bringt Frie­den. Allen Betei­lig­ten.

Mein Fazit

Rea­le Erwar­tungs­hal­tun­gen und Ver­ständ­nis für­ein­an­der – auch und gera­de dann, wenn die Wege sich (wie­der) tren­nen – kön­nen dazu füh­ren, dass Türen ange­lehnt blei­ben, statt irgend­wann mit einem lau­ten Knall und end­gül­tig in’s Schloss zu fal­len.

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