“Nach einem Ster­nen­kind liegt unser gesun­des Regen­bo­gen­mäd­chen neben mir”

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Sternenmutter

Julia, Cari­na und Gina ver­bin­det eine trau­ri­ge Gemein­sam­keit — alle 3 sind Ster­nen­ma­mas. Zusam­men betrei­ben Sie den Blog Ver­giss-mein-nicht (www.Vergissmeinnicht.blog) von und für Eltern von einem Ster­nen­kind. Sie schrei­ben dort für alle Eltern, die ihr Baby ver­lo­ren haben oder viel­leicht gera­de eine schwe­re Dia­gno­se erhal­ten haben. Heu­te berich­tet Julia — eine der 3 Her­aus­ge­be­rin­nen —  von ihren ganz per­sön­li­chen Erfah­run­gen als Ster­nen­mut­ter.

Für mich war der rich­ti­ge Moment gekom­men: Ich woll­te ein Baby.

Mein Mann und ich sind seit 2010 ein Paar und sehr schnell haben wir dar­über gere­det, dass wir Kin­der wol­len. Zu dem Zeit­punkt waren wir bei­de Stu­den­ten und fühl­ten uns dafür aller­dings noch nicht bereit. Im Juli 2014 hei­ra­te­ten wir. Schon vor­her setz­te bei mir der aku­te Kin­der­wunsch ein. Schon von wei­ter Fer­ne erkann­te ich jede Schwan­ge­re, Müt­tern mit klei­nen Babys guck­te ich immer hin­ter­her. Es gab kei­nen Zwei­fel: Für mich war der rich­ti­ge Moment gekom­men: Ich woll­te ein Baby. Mitt­ler­wei­le war ich am Anfang mei­ner Pro­mo­ti­on, mein Mann immer noch im Stu­di­um. Und da lag auch das Pro­blem: Er fühl­te sich näm­lich noch nicht bereit. Das stell­te unse­re Bezie­hung aber zum Glück auf kei­ne Pro­be. Ich wuss­te ja, dass er grund­sätz­lich auch Kin­der möch­te. Und so blieb mir nichts als abzu­war­ten.

2016 woll­ten wir dann begin­nen. Ich setz­te im letz­ten Quar­tal 2015 die Pil­le ab und ver­hü­te­te erst­mal mit NFP — der natür­li­chen Fami­li­en­pla­nung. Bei die­ser Metho­de bestimmt man mit­hil­fe von Basal­t­em­pe­ra­tur und Zer­vix­sch­leims sowie des Mut­ter­mund­stands die frucht­ba­ren Tage und kann so ent­we­der effek­tiv ver­hü­ten oder eben im Fal­le des Kin­der­wunschs beson­ders effek­tiv “her­zeln”.

Auf­grund einer chro­ni­schen Erkran­kung muss­te mein Mann mit sei­nem behan­deln­den Arzt spre­chen und Medi­ka­men­te abset­zen bzw. erset­zen. Und dann stand unse­rem Kin­der­wunsch nichts mehr im Weg!

Der Schwan­ger­schafts­test war posi­tiv

Ich glau­be wie jede Frau woll­te ich ganz ent­spannt sein, bloß kei­nen Druck! Und wie bei den meis­ten stei­ger­te sich der Druck mit jeder Peri­ode, die ein­traf. Mitt­ler­wei­le tat es weh, wenn ich Schwan­ge­re oder Müt­ter mit klei­nen Babys auf der Stra­ße sah. Mitt­ler­wei­le ver­krampf­te sich alles, ich bil­de­te mir ein, Sym­pto­me zu bemer­ken und war tief­trau­rig und ver­zwei­felt, wenn ich doch wie­der mei­ne Tage bekam.

Es waren 5 Mona­te ver­gan­gen und wir mach­ten einen Ter­min in der Kin­der­wunsch­kli­nik. Das mag früh erschei­nen, aber zum einen gibt es kein zu früh, zum ande­ren war die Tablet­ten­um­stel­lung mei­nes Man­nes nicht auf lan­ge Dau­er aus­ge­legt. Der Arzt dort war total nett und wir ver­ein­bar­ten die ers­ten Ter­mi­ne zur Zyklus­kon­trol­le. Doch es soll­te anders kom­men.

Ende August war ich zum ers­ten Mal über­fäl­lig. Genau zwei Tage hielt ich es aus, nicht zu tes­ten. Am 01. Sep­tem­ber mach­te ich den ers­ten Schwan­ger­schafts­test und er war posi­tiv! Wir waren total sprach­los und konn­ten es nicht glau­ben. Total auf­ge­regt und gespannt star­te­ten wir in die­se Schwan­ger­schaft. Mein Mann war so sehr begeis­tert, dass es fast alle Fami­li­en­mit­glie­der mehr oder weni­ger sofort erfuh­ren. Schwan­ger, end­lich!

Die ers­ten Wochen waren auf­re­gend, mir war übel, ich muss­te mich jedoch nie über­ge­ben. Bei den Unter­su­chun­gen beim Frau­en­arzt war mein Blut­druck stets zu hoch, weil ich jedes Mal so auf­ge­regt war, ob das Herz noch schlägt und alles okay ist. Das war es immer. Mein Frau­en­arzt riet von einem Erst­tri­mes­ter­scree­ning ab, das wäre über­flüs­sig und wür­de einem im Ernst­fall nur unnö­tig Sor­gen machen. Aber mein Mann woll­te Sicher­heit, also mach­te ich einen Ter­min beim Prä­na­tal­dia­gnos­ti­ker.

Pau­li­ne hat­te Tetra­so­mie 9 und kam still auf die Welt


Am 03. Novem­ber war es soweit. Ich war auf­ge­regt, aber zuver­sicht­lich, da ohne schlech­te Nach­rich­ten raus zu kom­men. Aber dem war nicht so.

Es stell­te sich her­aus, dass nicht nur die Nacken­fal­te zu dick war, es fan­den sich auch Auf­fäl­lig­kei­ten am Gehirn, dem Her­zen und den Hän­den. Der Arzt riet zur Cho­ri­on­zot­ten­bi­op­sie. Er spiel­te mit uns alle Mög­lich­kei­ten durch, rech­ne­te mit dem Ergeb­nis Tri­so­mie 13 oder 18. Wir baten uns Bedenk­zeit aus und gin­gen nach Hau­se.

Nach aus­gie­bi­gem Wei­nen, Rat­lo­sig­keit, Fas­sungs­lo­sig­keit und Reden ent­schie­den wir uns für die Biop­sie, die am nächs­ten Mor­gen statt­fin­den soll­te. Danach stand War­ten auf dem Pro­gramm. Am Mon­tag soll­te das Ergeb­nis des Schnell­tests vor­lie­gen, der vor allem die gän­gi­gen Tri­so­mien 13, 18 und 21 tes­te­te. 14 Tage spä­ter soll­te die­ser Schnell­test vom Lang­zeit­er­geb­nis bestä­tigt wer­den.

Es ver­gin­gen fünf Wochen bis wir end­lich Gewiss­heit hat­ten: Der Test und zwi­schen­zeit­li­che Ultra­schalls zeig­ten ein­deu­tig, wie krank unse­re Klei­ne war. Sie hat­te Tetra­so­mie 9. Am 11. Dezem­ber 2016 kam Pau­li­ne in der 19. Schwan­ger­schafts­wo­che still auf die Welt.

Sternenkind

Unse­re Welt brach erst ein­mal zusam­men.

Unse­re Welt brach erst ein­mal zusam­men. Aber wir hat­ten schon wäh­rend der fünf­wö­chi­gen War­te­zeit viel gere­det und so mit der Ver­ar­bei­tung begon­nen. Es dau­er­te dem­nach nicht all­zu lan­ge, bis wir für einen erneu­ten Ver­such bereit waren.

Nur für mich war die­ser Schritt etwas schwie­ri­ger. So sehr ich mir ein Kind wünsch­te, ich hat­te Angst, dass ich den rich­ti­gen Zeit­punkt ver­pas­se. Dass wir es zu früh ver­su­chen und die Schwan­ger­schaft durch die unver­ar­bei­te­ten Gefüh­le schwie­rig wird. Erst die Ver­kün­dung der Schwan­ger­schaf­ten einer Freun­din und mei­ner Cou­si­ne lie­ßen mich erken­nen, dass ich JETZT ein Kind woll­te und dass ich bereit dafür war.

Die Ärz­te emp­fah­len gleich in die Kin­der­wunsch­kli­nik zu gehen

Die­ses Mal emp­fah­len uns die Ärz­te gleich in der Kin­der­wunsch­kli­nik zu star­ten, da die Medi­ka­men­ten­um­stel­lung mei­nem Mann nicht gut bekom­men war und er immer­noch mit der erneu­ten Ein­stel­lung der Medi­ka­ti­on kämpf­te.

Künst­li­che Befruch­tung. Irgend­wie hat­te ich davor Angst. Ich selbst war kern­ge­sund, mein Kör­per funk­tio­nier­te. Und doch soll­te ich mir jetzt Hor­mo­ne sprit­zen (Ich HASSE Sprit­zen!) und in mei­nen Zyklus ein­grei­fen. Aller­dings woll­te ich unbe­dingt ein Kind und dafür woll­te ich alles tun — auch eine künst­li­che Befruch­tung.

Die ers­ten bei­den Ver­su­che waren nega­tiv

Im April star­te­ten wir und alles lief gut. Mir wur­den zwei befruch­te­te Eizel­len ein­ge­setzt und ich bil­de­te mir schon bald ein, dass ich Schwan­ger­schafts­sym­pto­me habe. Aber noch vor dem obli­ga­to­ri­schen Blut­test bekam ich mei­ne Tage und war total ent­täuscht. Rich­tig nie­der­ge­schla­gen. All mei­ne Hoff­nung setz­te ich auf den nächs­ten Ver­such und woll­te so schnell wie mög­lich star­ten. Das ging aber nicht, weil die Kli­nik immer 3 Zyklen abwar­te­te, ehe man einen erneu­ten Ver­such ange­hen konn­te.

Spritzen Künstliche Befruchtung

Der nächs­te Trans­fer stand im August an. Die­ses Mal soll­ten mir Blas­to­zys­ten ein­ge­setzt wer­den. Den Ablauf kann­te ich jetzt. Das Sprit­zen fiel mir zwar nicht leich­ter, aber dadurch, dass ich wuss­te, was auf mich zukommt, war ich sehr erwar­tungs­voll. Auch der Arzt mach­te uns Hoff­nung. Es sprach nichts dage­gen, dass es nun end­lich klap­pen soll­te.

Und doch bekam ich wie­der mei­ne Tage, einen Tag bevor sie eigent­lich aus­blei­ben soll­ten. Und die­ses Mal war mei­ne Ent­täu­schung rich­tig schlimm. Ich war am Boden zer­stört und nur am Wei­nen. Ich konn­te es nicht glau­ben. Was bit­te stimm­te denn nicht mit mir, wenn selbst unter so guten Vor­aus­set­zun­gen kei­ne Schwan­ger­schaft ein­tre­ten woll­te?!?

Ich hass­te mei­nen Bauch und die Gebär­mut­ter

Ich hass­te mei­nen Bauch, die Gebär­mut­ter, die mei­ner Mei­nung nach nichts hin­be­kam. Das fing bei Pau­li­ne an und ging mit den stets nega­tiv aus­fal­len­den künst­li­chen Befruch­tun­gen wei­ter. Auf der Suche nach Hil­fe fand ich das Buch “Gelas­sen durch die Kin­der­wunsch­zeit*” von Bir­git Zart. Durch die­ses Buch lern­te ich mei­nem Kör­per wie­der zu ver­trau­en und durch posi­ti­ve Bil­der zum Guten zu beein­flus­sen.

Ich hader­te anschlie­ßend rela­tiv lan­ge mit mir. Denn mein Kin­der­wunsch war rie­sig. Aber ich konn­te nicht mehr. Ich war am Ende. Woll­te nicht schon wie­der eine sol­che Ent­täu­schung erle­ben. Ich hat­te kei­ne Lust auf die vie­len Sprit­zen, die Hor­mo­ne. Aber eine Pau­se ein­le­gen und damit erst­mal auf eine Schwan­ger­schaft “ver­zich­ten”? Konn­te und woll­te ich das wirk­lich?

Man darf nicht ver­ges­sen, wie sehr eine künst­li­che Befruch­tung auch die Psy­che belas­tet. Die­ser Weg ist anstren­gend und ich bin ihn nur gegan­gen, weil ich unbe­dingt ein Kind haben woll­te.

Noch dazu kommt die finan­zi­el­le Belas­tung. Wir hat­ten Glück, denn unse­re Kran­ken­kas­se über­nahm ins­ge­samt drei Ver­su­che. Aller­dings auch nur die Basics. Die wei­te­re Ent­wick­lung der befruch­te­ten Eizel­len zu Blas­to­zys­ten z.B. nicht. Und gera­de die­se Extras erhö­hen natür­lich die Wahr­schein­lich auf eine Schwan­ger­schaft.

Wir hat­ten nun zwei nega­ti­ve Ver­su­che hin­ter uns und ich mach­te mir lang­sam Sor­gen, wie es wei­ter­ge­hen soll­te, wenn auch der letz­te Ver­such nega­tiv aus­fal­len soll­te. Pri­vat wür­den wir uns die Behand­lung nicht leis­ten kön­nen. Zudem wür­de eine sol­che unge­wis­se Per­spek­ti­ve einen unge­heu­ren Druck auf die­sen letz­ten Ver­such aus­üben, dass die­ser noch anstren­gen­der wer­den wür­de.

Schwe­ren Her­zens ent­schloss ich mich zu einer Pau­se.

Schwe­ren Her­zens ent­schloss ich mich also zu einer Pau­se. Mein Mann war Gott sei Dank ein­ver­stan­den. Ich soll­te und woll­te erholt und mit neu­en Mut in die­sen letz­ten Ver­such star­ten. Und wäh­rend die­ser Pau­se woll­te mein Mann noch ein­mal die ver­schie­de­nen Ärz­te kon­sul­tie­ren, wel­che Alter­na­ti­ven es gäbe und wel­ches Risi­ko wir tra­gen müss­ten, wenn wir es noch ein­mal auf natür­li­chem Weg pro­bie­ren wür­den.

Tja, und nun kommt der Ham­mer: Die Ärz­te waren sich einig, dass unser Risi­ko nur um 1 bis 2% höher war als bei “ganz nor­ma­len” Paa­ren. Sie hat­ten uns zuvor nur davon abge­ra­ten, um die­ses biss­chen Risi­ko aus­zu­schlie­ßen!

Die Bewil­li­gung der Kran­ken­kas­se für die künst­li­che Befruch­tung galt ein Jahr, wovon etwas mehr als ein hal­bes Jahr schon ver­stri­chen war. Mein Mann und ich einig­ten uns nach 3 Mona­ten War­te­zeit dar­auf, es erst­mal ganz natür­lich zu ver­su­chen und soll­te das nicht klap­pen, wür­den wir den letz­ten Ver­such in Anspruch neh­men.

Gesagt, getan. Im Novem­ber bekam ich mei­ne Tage, obwohl ich mir ziem­lich sicher war, dass es geklappt hat­te. Im Dezem­ber war ich sehr nie­der­ge­schla­gen und zog eine ziem­lich trau­ri­ge Bilanz des Jah­res 2017. Ich woll­te aber posi­tiv ins neue Jahr star­ten und nahm mir vor, posi­ti­ver zu den­ken. 2018 soll­te unser Jahr wer­den!

Nach fast drei Jah­ren des akti­ven Kin­der­wun­sches und einem Ster­nen­kind liegt unser gesun­des Regen­bo­gen­mäd­chen neben mir


Und sie­he da, Mit­te Janu­ar 2018 tes­te­te ich posi­tiv. End­lich! Die Schwan­ger­schaft ver­lief ohne Pro­ble­me. Ich konn­te sie zum Groß­teil sogar rich­tig genie­ßen! Und nun liegt nach fast drei Jah­ren des akti­ven Kin­der­wun­sches und einem Ster­nen­kind liegt unser gesun­des Regen­bo­gen­mäd­chen neben mir. Wir sind so dank­bar!

In die­ser gan­zen Zeit half mir der Aus­tausch im beson­de­ren mit ande­ren Ster­nen­müt­tern. Inspi­riert durch die vie­len Mama­blogs grün­de­te ich mit einer wei­te­ren Ster­nen­ma­ma den Vergissmeinnicht.blog, der Ster­nen­el­tern nicht nur Infor­ma­tio­nen bie­tet, son­dern auch Ster­nen­kind­ge­schich­ten teilt. Das Schrei­ben über ihre Ster­nen­kin­der trägt zur Ver­ar­bei­tung des Ver­lus­tes bei. Die Geschich­ten selbst heben die­ses The­ma aus der Tabu­zo­ne und schaf­fen Aus­tausch. Das ist so wich­tig für alle Betrof­fe­nen. Mir lie­gen Ster­nen­el­tern so am Her­zen. Ich möch­te zei­gen, dass sie nicht allei­ne sind, dass ihr Ver­lust nicht das Ende der Welt bedeu­tet, son­dern das Leben irgend­wann wei­ter geht und man auch wie­der lachen kann.

Die­se Jah­re, der Ver­lust und der regel­rech­te Kampf um ein Baby haben mir aber gezeigt, dass man nie­mals auf­ge­ben darf, wenn man einen Traum hat.

Kämp­fen lohnt sich!



Sternenmutter schwanger nach Fehlgeburt

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