Kin­der­wunsch Unplug­ged: “Ich wur­de nach IVF mit Zwil­lin­gen schwan­ger — aber mit vie­len Kom­pli­ka­tio­nen.”

Schwanger nach künstlicher Befruchtung

In der Rei­he Kin­der­wunsch Unplug­ged führt Weg­wei­ser Kin­der­wunsch Inter­views mit Frau­en und Män­nern, die vom uner­füll­ten Kin­der­wunsch betrof­fen sind. Hier hier wer­den The­men ange­spro­chen, die meis­tens tabu sind. Du bist auf dei­nem Kin­der­wunsch-Weg mit allen sei­nen Sor­gen, Ängs­ten und Nöten nicht allei­ne.


Heu­te im Inter­view: Ali­ne*, Mut­ter von 3 Kin­dern (Zwil­lin­ge nach IVF)

* Die Gesprächs­part­ne­rin möch­te ger­ne anonym blei­ben, des­halb wur­de der Name geän­dert.

Ali­ne hat nicht nur viel Kraft benö­tigt, um nach ihrem ers­ten Kind ein zwei­tes mal schwan­ger zu wer­den. Sie hat­te nach der IVF eine sehr schwie­ri­ge Schwan­ger­schaft und auch bei der Geburt gab es gro­ße Kom­pli­ka­tio­nen.

 

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Wer bist Du? Erzäh­le uns ein wenig über dich selbst.

Ali­ne:

Ich hei­ße Ali­ne, bin 38 Jah­re alt und woh­ne mit Mann und 3 Söh­nen im schö­nen Hes­sen. Als gelern­te Steu­er­fach­an­ge­stell­te habe ich eini­ge Jah­re bei einer Kran­ken­kas­se gear­bei­tet und bin nun Haus­frau, Mut­ter und damit voll aus­ge­las­tet. 🙂

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Was hast Du auf Dei­nem Kin­der­wunsch-Weg alles erlebt?

Ali­ne: 

Frü­her habe ich immer gedacht, ich möch­te eine jun­ge Mut­ter wer­den, defi­ni­tiv noch vor dem 30. Geburts­tag! Den pas­sen­den Mann dazu hat­te ich früh gefun­den.

Als wir 2002 began­nen, ein Haus zu bau­en und umzo­gen, war ich auf ein­mal schwan­ger. Damals noch total unge­plant, aber eben nicht uner­wünscht. Ich bemerk­te in dem Stress die Schwan­ger­schaft auch erst in der 9. Woche. Alles war pri­ma, Soh­ne­mann wur­de 2003 gesund gebo­ren. Zwei Jah­re danach dann die Geschwis­ter­pla­nung… und damit fing der Lei­dens­weg an.

Zunächst wur­de ich prompt schwan­ger, doch die Schwan­ger­schaft hielt nicht und ende­te mit einer Aus­scha­bung. Dann pas­sier­te lange.…nichts! 2 Jah­re lang, in die­ser Zeit mach­ten wir sogar zwei Inse­mi­na­tio­nen. Zu mei­nem 30. Geburts­tag war ich end­lich wie­der schwan­ger, doch zwei Wochen spä­ter stell­te sich her­aus, dass es eine Eilei­ter-Schwan­ger­schaft war, bei einer Bauch­spie­ge­lung muss­te man einen Eilei­ter mit ent­fer­nen. Er war total ver­wach­sen.

Ich war am Boden zer­stört – wenn es zwei lan­ge Jah­re gedau­ert hat­te, mit zwei Eilei­tern schwan­ger zu wer­den, wie lan­ge soll­te es dann mit einem dau­ern??

Die Gedan­ken gin­gen schnell zur künst­li­chen Befruch­tung. Wir gin­gen zunächst nach Öster­reich in der Hoff­nung, dort die bes­ten Chan­cen zu haben. Der dor­ti­ge ICSI-Ver­such ging schief, ich hat­te eine ordent­li­che Über­sti­mu­la­ti­on und danach die Nase voll!  1 Jahr lang…. dann woll­te ich wie­der, dies­mal aber in Deutsch­land.

Wir waren in Bad Mün­der bei Dr. Breit­bach, der der ers­te IVF- Ver­such glück­te und ich war mit Zwil­lin­gen schwan­ger!! Ich muss dazu sagen, dass ich mich vor­her noch einer Gebär­mut­ter­spie­ge­lung unter­zie­hen muss­te, und glau­be heu­te, dass das der Knack­punkt war wes­halb die IVF posi­tiv war, es gibt sogar Stu­di­en dar­über.

Die Schwan­ger­schaft war jedoch furcht­bar: Blu­tun­gen in der Früh-Schwan­ger­schaft, vor­zei­ti­ge Wehen in der 18. Schwan­ger­schafts­wo­che (SSW), dann Ver­pas­sen eines Cer­cla­ge-Pes­sars wegen stark ver­kürz­tem Gebär­mut­ter­hals (GMH), ich muss­te bis zum Ende lie­gen…. Die Zwil­lin­ge hiel­ten aber bis zur 38. SSW aus, dann platz­te eine Frucht­bla­se und sie kamen per Kai­ser­schnitt Ende 2009 gesund zur Welt!

Wir waren über­glück­lich – end­lich kom­plett!

Kurz nach dem Kai­ser­schnitt dann der Schock, ich erlitt eine Hirn­blu­tung und wur­de am glei­chen Tag noch am Kopf not­ope­riert.
Durch gro­ßes Glück und einem län­ge­ren Reha-Weg geht es mir heu­te aber gut und ich kann mei­ne Fami­lie end­lich genie­ßen. Aber ich bin schon oft trau­rig, schliess­lich wur­de mir die schöns­te Zeit mit mei­nen Zwil­lin­gen mehr oder weni­ger genom­men. Nichts des­to trotz hat­te ich ein Rie­sen­glück und bin immer wie­der froh, noch hier zu sein.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Was sind für dich die größ­ten Her­aus­for­de­run­gen und Pro­ble­me in Bezug auf den uner­füll­ten Kin­der­wunsch?

Ali­ne:

Der Ver­such in Öster­reich war sehr stra­pa­zi­ös, psy­chisch wie auch phy­sisch (schmerz­haf­te Über­sti­mu­la­ti­on). Dazu im Hotel, weit weg von zu Hau­se und mit Klein­kind dabei. Ganz zu schwei­gen von den Kos­ten. Damals kamen wir zum Glück noch in den Genuss der Eigen­heim­zu­la­ge, die für die Ver­su­che her­hal­ten muss­te.

Was auch schlimm war: Man wur­de stän­dig gefragt, wann denn das Geschwis­ter­kind kommt. Und selbst mein Sohn frag­te damals stän­dig nach einem Bru­der oder einer Schwes­ter.

Und als 2009 mein heu­te Gro­ßer in die Schu­le kam, konn­te ich lei­der nicht teil­neh­men, weil ich kon­se­quent lie­gen muss­te um die Zwil­lin­ge zu hal­ten. Aber was bringt man nicht alles für Opfer!

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Gab es für dich einen per­sön­li­chen Tief­punkt und wie hast du ihn über­wun­den?

Ali­ne:

Als 2007 mein Nef­fe gebo­ren wur­de, und mei­ne Mut­ter der Mei­nung war, dass ich doch alle Kin­der­sa­chen mei­nes Soh­nes abtre­ten kön­ne, das war ein Tief­punkt. Ich ras­te­te aus, die Sachen soll­ten für MEIN wei­te­res Kind sein! Das konn­te sie damals nicht ver­ste­hen und mein­te, ich bräuch­te einen Psy­cho­lo­gen. 🙁

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch: 
Was gibt dir sonst noch Kraft und Mut auf dei­nem Weg?

Ali­ne:

Haupt­säch­lich die Inter­net-Foren wie wunschkinder.de, urbia.de oder klein-putz.de.
Ich habe sogar heu­te noch Kon­tak­te aus der Zeit.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch: 
Wie offen bist Du mit dem uner­füll­ten Kin­der­wunsch umge­gan­gen?

Alli­ne:

Anver­traut habe ich mich nie­man­den, nur mei­ne Mut­ter und Tan­te wuss­ten davon. Ich den­ke im Nach­hin­ein, das war ein Feh­ler.

Hin­ter­her habe ich es einer ver­trau­ten Arbeits­kol­le­gin erzählt und zwei Freun­din­nen wis­sen es, aber bis heu­te ist es im Gro­ßen und Gan­zen ein ganz gut gehü­te­tes Geheim­nis. War­um, weiß ich selbst nicht genau: Wahr­schein­lich aus Angst der Reak­tio­nen ande­rer, oder aus Angst, dass mei­ne Kin­der mal als „Reagenz­glas-Kin­der“ gehän­selt wer­den!?

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Wur­dest Du in Bezug auf den Kin­der­wunsch mit unsen­si­blen Fra­gen oder gut gemein­ten Rat­schlä­gen kon­fron­tiert? Kannst Du uns ein Bei­spiel nen­nen und sagen, wie du damit umge­gan­gen bist.

Ali­ne: 

Ja, die typi­schen eben. „Du wirst wie­der schwan­ger“, „ Es klappt schon bald“, „Du darfst nicht so ver­krampft sein“! Selbst mein Frau­en­arzt sag­te damals, dass es schon auf natür­li­che Wei­se wie­der klappt, ich bräuch­te kei­ne KIWU-Behand­lung.

 

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Dein Kin­der­wunsch hat sich nach der IVF mit der Geburt dei­ner Zwil­lin­ge erfüllt.
Dein Leben wur­de damit sicher­lich ein­mal kom­plett auf den Kopf gestellt.


Der Mensch wächstAli­ne:

Die größ­te Her­aus­for­de­rung nach der Geburt der Zwil­lin­ge war zwei­fels­oh­ne für uns alle mei­ne Erkran­kung und Reha-Pha­se. Danach konn­te es nur noch berg­auf gehen. Wenn ich mei­ne Jungs dann ansah, fühl­te ich mich end­lich kom­plett. Zu die­ser Zeit spiel­te im Radio oft das Lied von „Ich und Ich“: „So soll es sein, so kann es blei­ben“. Genau­so habe ich auch gedacht.

Die Zwil­lin­ge waren für unse­re Part­ner­schaft noch die gerings­te Her­aus­for­de­rung, eher mein anfäng­li­ches Feh­len. Aber das haben wir auch geschafft, und dar­auf sind wir sehr stolz!

Mein Lebens­mot­to seit­dem: „Der Mensch wächst mit sei­nen Auf­ga­ben.“

 

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Möch­test Du den Lesern sonst noch etwas mit auf den Weg geben? 

Ali­ne:

Ich möch­te noch­mal beto­nen, dass mei­ne Geschich­te kei­nem Angst machen soll. Die Kom­pli­ka­ti­on „Hirn­blu­tung“ nach einer Spi­nal-Anäs­the­sie ist sehr, sehr, sehr sel­ten. Die end­gül­ti­ge Ursa­che wur­de zwar nie gefun­den, aber das ist die Wahr­schein­lichs­te: eher gewinnt man im Lot­to!!
Trotz­dem wür­de ich alles wie­der genau­so machen.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Vie­len Dank Ali­ne für die­ses sehr per­sön­li­che Gespräch! Um das zwei­te mal schwan­ger zu wer­den, hast du eini­ges auf dich genom­men und
nicht nur wäh­rend der Schwan­ger­schaft, son­dern auch nach der Geburt selbst mit enor­men Kom­pli­ka­tio­nen gekämpft. Zum Glück ging dei­ne Geschich­te am Ende gut aus. Wir wün­schen dir und dei­ner Fami­lie alles Gute und viel Gesund­heit für die Zukunft.

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