Abschied vom Kinderwunsch: Macht man sich hinterher Vorwürfe?

Wünsch Dir was. Abschied vom Kinderwunsch.

Abschied vom Kinderwunsch – ein Gastbeitrag

“Wünsch dir was” schreibt seit 2013 auf ihrem Blog (http://vielewuensche.blogspot.de) über den Weg durch die Kinderwunschzeit. Dabei geht es auch um die unschönen Seiten unserer Gefühle in Sachen Kinderwunsch. Es ist eben nicht immer verbunden mit Hoffnung, sondern auch mit ganz viel Trauerarbeit, mit Mutlosikeit und Verzweiflung. Wenn die Fälle schwinden und du irgendwann vor der Entscheidung stehst: was ist richtig?


Macht man sich hinterher Vorwürfe?

Wollten wir das alles überhaupt genug?
Sind wir selbst an unserer Kinderlosigkeit schuld, weil wir nicht noch mehr gegeben haben?
Hätte es nicht doch noch weitere Tests gegeben, die das Schräubchen an dem es fehlt repariert hätten?
Warum fühlt es sich schlecht an, wenn man immer und überall liest:
if you can´t stop thinking about it, don´t stop working for it?
Muss man auch noch den 8, 12, 22. Versuch über sich ergehen lassen, wenn man auch nach dem statistischen 7. Versuch erfolglos geblieben ist?
 
Warum ist ‘aufgeben’ immer verbunden  mit sich rechtfertigen müssen?
Ist aufgeben (dämliches Wort) überhaupt eine Option?
Ist es eine Fehlentscheidung?
DIE Fehlentscheidung unseres Lebens?
Jetzt wo noch alles möglich wäre?
Ist überhaupt noch alles möglich?
Werden wir uns in ein paar Jahren tief enttäuscht ansehen und uns fragen, warum wir nicht noch ein bisschen mehr Kraft investiert haben?
 
Fragen wir uns das nicht so oder so?
Wie ist das wenn du die magische Grenze erreichst, das Alter in dem du garantiert nicht mehr schwanger werden kannst?
Wie groß ist das Loch dann, in das man fällt?
Sollte man nicht kostbaren Jahre ausnutzen und die Zähne zusammenbeißen?
Was, wenn dann aber all die Jahre wieder verschwendet sind?
Verschwendet an einen Wunsch der einfach unerfüllbar scheint?
Was bedeutet es am Ende unserer Kräfte zu sein?
Wäre da nicht noch ein bisschen Kraft übrig, wenn es ganz tief im Herzen klopft und sagt – naja, vielleicht könnte ich es rein körperlich noch einmal schaffen?
Wie viele Hormone verkraftet mein Körper?
Bislang hat er sich nur ein einziges Mal beschwert, also könnte man ihm nicht doch noch ein paar Spritzen zumuten?
 
Bliebe nicht immer der Gedanke: wir waren so nah dran, warum haben wir es nicht einfach weiter versucht?
Warum stellt man plötzlich ALLES in Frage?
Selbst, dass am Ende ein gesundes Kind in unseren Armen liegen würde?
Wenn schon ein Chromosom nicht passt und ausgerechnet wir uns gefunden haben, wäre es da nicht besser es einfach sein zu lassen?
Warum fühlt es sich an, als würde man uns mitleidig ansehen: nun ja, ich hätte an ihrer Stelle einfach noch ein bisschen weiter gemacht wo ist das Problem?
Wo bleibt die Liebe an dieser Stelle?
Ist unsere Liebe tatsächlich größer geworden oder liebt man vielleicht auch ein wenig verzweifelter?
Kann unsere Liebe jemals so etwas in der Art empfinden, wie Eltern empfinden?
Warum vermisst eine Liebe manchmal solche Gefühle, die sie eigentlich gar nicht kennt?
Warum fehlt etwas so sehr, das nie wirklich dagewesen ist?
Wieso fällt der Abschied so schwer?
 
Ist es eine Art Selbstschutz wenn man sich einredet, dass alles vielleicht doch gar nicht so schlimm war?
Darf man irgendwann einfach sagen, dass man keine Lust auf weitere Probleme hat?
Darf man irgendwann einfach froh sein, dass einem vieles erspart bleibt wenn man die Jugend da draußen so ansieht?
Ist es schlimm an einer Fehlgeburt zu scheitern, zu sagen, dass man das nie wieder erleben möchte?
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass es wieder passiert?
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine problemlose Schwangerschaft hätten?
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir überhaupt wieder schwanger werden würden?
Wenn die Warteschleifen schon der pure Horror sind, wie würden sich dann weitere Monate voller Angst gestalten?
 
Würde ich genau daran scheitern?
An meiner Angst, an meiner unfassbar großen Sorge, dass auch diesem Wunderpünktchen schreckliches zustoßen könnte?
Wie sehr haben wir uns eigentlich verändert?
Auf wie viel haben wir verzichtet?
Was haben wir alles ausgegeben?
Kostet es uns am Ende vielleicht sogar unsere Liebe, nur damit dieser Weg positiv endet?
Ist es nicht so, dass es eben nicht immer nur zusammenschweißt sondern auch wahnsinnig zehrt?
Was, wenn wir mit einer falschen Entscheidung alles verlieren?
Uns?
Unsere Träume?
Unser gemeinsames Leben?
Schaffen wir noch ein bisschen Berg- und Talfahrt?
Was steckt in all den Tränen – ist es wirklich die Sehnsucht oder einfach nur Verzweiflung?
 
Nun.
 
Seit vorgestern diskutieren wir genau DAS alles aus. Moment für Moment. Situation für Situation. Möglichkeit für Möglichkeit. Schließen Dinge aus, ziehen andere in Betracht. Immer wieder sind wir froh, wenn uns die Zeit zum Reden ausgeht. So können wir es von Tag zu Tag schieben und so fallen uns vielleicht noch mehr Gründe dafür oder dagegen ein. Es ist schwer ein Ende zu finden. Es scheint nahezu unmöglich. Aber dieses Unmögliche wollen wir schaffen. Wir hoffen beide, dass es sich mit Zeit und mit vielen Gesprächen einfach ergibt. Die Kraft für einen neuen Weg oder das Wohlgefühl dass es endlich gut so ist wie es ist. Wir hatten beide wohl die Hoffnung, dass es sich still in unser Leben einschleichen würde, diese Sicherheit alles richtig gemacht zu haben. Weit gefehlt. Was bleibt ist eine Hoffnung die sich falsch anfühlt und das Gefühl falsch zu entscheiden….
 
Es ist eben doch eine recht endgültige Entscheidung. Mit der du leben musst. Für den Rest deines Lebens, der unter Umständen echt lang sein kann. Eine Entscheidung, die dich jederzeit an jedem Ort einholen wird. Eine Entscheidung, der gegenüber du stark sein musst um das auszuhalten, was es sie Frage stellt. Das kann wahnsinnig erleichternd sein. Aber mir macht es einfach nur Angst. Ich wäre die, die beim Bungee-Sprung schon angeschnallt oben steht und dann plötzlich hyperventiliert und zu Fuß mit zitternden Knien wieder nach unten geht. Und ich bin die, die dann kein bisschen stolz auf ihre Entscheidung ist, sondern endlos traurig über sich selbst, weil sich alle Anderen getraut haben, aber sie – wie immer – komplett vom Mut verlassen da steht und lieber nur zusieht…
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