Mutig durch den Kinderwunsch
Franziska Ferber hatte genug von gut gemeinten Ratschlägen bei Kinderwunsch. Auch die eigenen Gedanken — die oft recht gruselig ausfallen — stehen vielen Frauen im Weg. Kinderwunsch Coach Franziska Ferber hat sich in ihrem Buch Mutig durch den Kinderwunsch auf den Weg gemacht, um herauszufinden, was wirklich hilft.
Ein Gastbeitrag von Franziska Ferber.
Das Kinderwunsch Bullshit-Bingo
„Du musst loslassen, dann wird es schon!“ ist vermutlich der Satz, den wir Kinderwunschfrauen am allermeisten verabscheuen.
Wobei? Stimmt das denn?
Nein, ich glaube, es gibt noch mehr solcher Sätze, die einem die Haare zu Berge stehen und der Verzweiflung nahe sein lassen.
„Du musst Dich entspannen“ ist sicherlich auch ganz weit oben auf der Liste des Bullshit-Bingos, dem Kinderwunschfrauen sich ausgesetzt sehen. Und dann wäre da auch noch das beliebte „Du musst daran glauben“.
Nun ja.
Bullshit-Bingo?
Ja, wirklich. So ist es doch – oder zumindest fühlt es sich so an. Vielleicht die „Top 3“-Sätze, aber ganz gewiss nicht alle, die einem begegnen.
Hierzu ein Video von Franziska:
Kinderwunsch Bullshit Bingo — oder die vielen Ratschläge, die Dir nicht helfen!
Gut gemeinte Ratschläge bei Kinderwunsch
Einen Kinderwunsch zu haben, heißt vor allem, dass da schlichtweg diese tiefe Sehnsucht in einem ist, die auch nicht mehr weggeht, wenn man sie einmal wahrgenommen hat.
Da ist diese Sehnsucht nach einem kleinen Wesen, das wir ins Leben begleiten dürfen. Die Sehnsucht nach einer eigenen kleinen Familie und ich wage zu behaupten, dass diese Sehnsucht auch in den letzten eineinhalb Jahren während dieser „alles außer gewöhlichen“ Zeit noch einmal mehr an Schwung bekommen hat. Aber wir wollen hier ja nicht über das große C sprechen, das unser Leben so stark dominiert hat.
Nein, wir sprechen hier über das, was der Kinderwunsch mit uns macht und wir mit uns selbst machen, aber auch darüber, was andere Menschen oft mit uns „machen“, wenn wir uns (oft ja nach einer langen Phase des Schweigens und des „Fassade Wahrens“) öffnen.
Wenn wir es schaffen, uns gegenüber lieben Menschen zu öffnen und darüber sprechen, dass wir so gerne schwanger wären und Mutter werden würden, dann treffen wir oft auf eine große Betroffenheit.
Im besten Falle bekommen wir ganz viel warmherziges Mitgefühl und echte, empathische Unterstützung. Manches Mal ist das aber auch reines Wunschdenken, denn oft begegnet uns (leider) auch Unverständnis, Hilflosigkeit, „angestrengtes Bemühen“ oder gar ein Relativieren und damit „klein machen“ unserer Sehnsucht. Den Satz „Sei doch froh, dann kannst Du reisen“ können wir alle vermutlich nicht mehr hören.
Mir selbst ging es öfter so, dass ich das Gefühl hatte, dass nach meiner „Offenbarung“ das Gegenüber aufbauen zu müssen. Wie oft habe ich mich gefragt, woher ich dafür die Kraft nehmen soll, wenn ich im Grunde nicht einmal genug Kraft für mich selbst habe.
Ja, während des Kinderwunsches sind wir häufig einer Vielzahl von gruseligen Gedanken aber auch bitteren Ratschlägen ausgesetzt. Schauen wir doch mal, weshalb unser Umfeld oft so reagiert, wie es reagiert. Dazu müssen wir die Perspektive wechseln und uns ins Gegenüber (versuchen) hineinzuversetzen:
Was tun Menschen, wenn sie merken, dass jemand, der ihnen am Herzen liegt, in echter Not ist? Sie versuchen zu helfen.
Wir Menschen helfen, in dem wir im Archiv unseres Kopfes nach Wegen suchen, die a) zur Situation passen und b) schon einmal gut funktioniert haben. Und das, was wir dann in den Schubladen unseres Archivs im Kopf finden, ist dann oft eine Form von Ermutigung oder „Problemidentifikation“ oder „Problemlösung“, die wir dann zur Anwendung bringen. Das heißt beim Kinderwunsch ganz konkret, dass Dir dann beispielsweise gesagt wird „Glaub‘ daran, dann wird das schon“. Oft werden uns aber auch sogenannte „Wundergeschichten“ erzählt, wo irgendwer durch irgendeine „Aktion“ dann letztlich doch noch schwanger wurde.
Den meisten Menschen, die bisher keinen Kontakt mit „dem Kinderwunsch“ hatten, ist gar nicht klar, dass oft keine dieser „Hilfemaßnahmen“ wirklich zum Kinderwunsch und seinen Mechanismen passt. Sie gehen einfach davon aus, dass Ermutigung, guter Glaube oder ein
„Rat“ eine Hilfe ist und genau die bieten sie dann einer betroffenen Kinderwunschfrau an.
So kommt es auch, dass ich als Kinderwunsch Coach immer wieder höre, dass jemand bereits seit Jahren in der Kinderwunschklinik in Behandlung ist und eine Vielzahl von Versuchen erlebt hat und sich dann von einem Menschen anhören „muss“, man könne es ja mal in einer Klinik versuchen. „Dann klappt das bestimmt“.
Was so ein „Rat“ mit einer Person macht, die sich nach langer Zeit des Schweigens öffnet und über ihren Kinderwunsch spricht, ist oft fatal. Denn was bleibt einer Kinderwunschfrau denn anderes übrig als sich vollkommen unverstanden zu fühlen!?
Dass andere Menschen einem mit diesem „Hilfeversuch“ wirklich keinen „Liebesdienst“ sondern eher einen „Bärendienst“ erweisen, wissen sie nicht. Und so passiert es oft, dass Ratschläge zwar gut gemeint — genauso oft aber schlecht — gemacht sind und somit eher eine weitere Belastung darstellen denn Abhilfe und Unterstützung bieten.
Nun, wie soll denn da „loslassen“ und „entspannen“ gehen?! Ich glaube auch deshalb sind diese beiden Ratschläge so weit oben auf der „herrje – wie kann man denn das einem sagen?!“-Liste. Und auch das allseits beliebte „Du musst dran glauben“ wirft Fragen auf.
Wie soll man sich entspannen und loslassen? Das geht doch schon rein biologisch nicht, denn wir haben unseren Körper (und damit auch den Zyklus; ob wir wollen oder nicht) ja schließlich immer dabei und können ihn nicht einfach Zuhause lassen während wie uns eine (Ha!) „entspannte Zeit“ machen. Nein, das geht nicht.
Der Kinderwunsch ist immer dabei – nicht zuletzt auch deshalb, weil uns ja immer und überall Schwangere begegnen und wir somit jedes Mal einen Spiegel vorgehalten bekommen.
Und dann wäre da noch dieses Ding mit dem „positiv denken und daran glauben“. Äh. Ja. Na dann. Wie soll man denn (gerade, wenn man schon so viele Enttäuschungen erlebt und ertragen hat) noch positiv sein? Eigentlich würde das sogar bedeuten, man hätte aus all den Tiefschlägen gar keine Lehren für sich gezogen. Aber es scheint von uns erwartet zu werden. Ja, fast scheint es wie ein Rezept zu sein – so oft begegnet dieser Satz einem in den Foren, seitens der Ärzte und der Mitmenschen.
Der Kinderwunsch unterscheidet sich ganz grundlegend von anderen schwierigen Lebenssituationen. Denn wir wissen nicht, wie lange „es“ dauert und wir merken oft erst im Verlauf der Zeit, wie sehr diese unerfüllte Sehnsucht die Seele und alle anderen Lebensbereiche betrifft und uns darin verändert.
So bitter es ist: Der Kinderwunsch birgt keine Garantie auf Erfolg in sich. Es gibt (leider!) keine „To Do“-Anleitung, nach der man vorgehen kann um dann ein – im wahrsten Sinne des Wortes – positives Ergebnis zu erreichen.
Umgang mit gut gemeinten Ratschlägen — mutig durch den Kinderwunsch
Welchen Nutzen haben dann diese gut gemeinten Ratschläge und an uns gerichteten Tipps?
Wie kann man damit umgehen, um es sich leichter zu machen und diese „Stiche ins Herz“ nicht auch noch ertragen zu müssen? Und wie bekommen wir diese gruseligen Gedanken, die wir uns unweigerlich machen, in den Griff? Darüber habe ich ein ganzes Buch geschrieben.
Ich glaube, eine ganz grundlegende Möglichkeit ist das Finden von Mut. Mut in ganz unterschiedlichen Farben und Formen.
Der Kinderwunsch ist fürchterlich und schwer genug auszuhalten; da dürfen wir es uns doch überall da, wo „nur“ eine Portion Mut gebraucht wird, so leicht wie nur möglich machen!
Es ist eine unendlich schwere Lebensphase, in der man sich ziemlich oft unverstanden und einsam fühlt. Als Kinderwunsch Coach sage ich: Mach‘ es Dir nicht noch schwerer als es sowieso schon ist.
Bittere Ratschläge begegnen einem in dieser Zeit überall.
Gruselige Gedanken haben und machen wir uns selbst.
Stell‘ Dir einmal vor, wie viel mehr Kraft Du hättest, wenn Du mutig(er) durch Deinen Kinderwunsch gehen könntest! … wenn Du innerlich so klar wärest, dass das, was Dir an bitteren Ratschlägen begegnet und an gruseligen Gedanken im Kopf herumschwirrt, nicht mehr eine so große Belastung wäre?
Ich rufe Dir zu: Setz‘ Dich für Dich ein!
Stärke Dich, damit Du den bitteren Ratschlägen und gruseligen Gedanken etwas entgegen zu setzen hast. Denn wenn Du das nicht tust, ist es quasi so, als würdest Du bei Dir Zuhause die Tür sperrangelweit offenstehen lassen und jeder könne einfach so in Dein Wohnzimmer marschieren und dort nach eigenem Gusto eine wilde Party feiern.
Würdest Du Deine Haustür offen lassen?
Echt?
Nein, würdest Du nicht.
Du überlegst Dir doch genau, wer zu Dir kommen darf! Vermutlich hast Du auch einen gewissen Anspruch an das Verhalten Deiner Besucher, oder? Also… dann hab‘ das auch, wenn es um ein so elementares Thema wie Deinen Kinderwunsch geht! Ich wünsche Dir, dass Du den Mut finden kannst, für Dich einzustehen und vor Allem für Dich zu sorgen.
Schau‘, dass Du Wege findest, wie Du mit den bitteren Ratschlägen und gruseligen Gedanken umgehen kannst.
Das Buch „Mutig durch den Kinderwunsch“ könnte ein erster, guter Schritt sein, damit Du Dich stärker fühlst, denn es ist voller – ganz realer, praktischer – Tipps, wie es Dir gelingen kann.
Ich wünsche es Dir von Herzen, denn diese innere Stärke und Kraft ist 1.000x mehr wert als „loslassen“ und „entspannen“! Ganz sicher.
Das Buch: Mutig durch den Kinderwunsch
- Ferber, Franziska(Autor)
Über die Autorin: Franziska Ferber
Franziska Ferber ist selbst ungewollt kinderlos und unterstützt Frauen beim Umgang mit dem Kinderwunsch und der Angst vor einem ungewollt kinderlosen Leben.
Sie selbst war jahrelang in der Kinderwunschklinik und musste erleben, dass auch die ICSIs ihr nicht geholfen haben, ein Kind zu bekommen. Damals suchte sie nach Hilfe und konnte keine zu ihr passende Unterstützung finden. So hat sie sich selbst versprochen, dass sie einmal genau das Support-Angebot schaffen würde, das sie selbst so dringend gebraucht hätte.
Als Kinderwunsch Coach hat sie inzwischen mehrere Bücher veröffentlicht und bietet neben den persönlichen Coachings eine Reihe verschiedener, individuell begleiteter Online Coaching Kurse an, die auf die unterschiedlichen Phasen und Themen des Kinderwunsches zugeschnitten sind. Weitere Infos auf www.kindersehnsucht.de
Franziska Ferber lebt mit ihrem Mann und zwei Hunden in München und im Allgäu und sagt über sich selbst: „Der Kinderwunsch war eine grauenvolle Lebensphase für mich. Ich staune auch heute noch darüber, dass ich das „überlebt“ habe. Fast noch mehr staune ich jedoch auch über den Mut, mir trotzdem ein erfülltes Leben aufzubauen. Der Mut aber hat sich gelohnt!“
Bildquellen: Franziska Ferber
Ich bin Claudia. Kinderwunsch-Bloggerin mit über 10 Jahren eigener Kinderwunsch-Erfahrung: Endometriose-Fighterin, IVF-Kennerin, ICSI-Schwester, Pimp my Eggs Befürworterin und Initiatorin der Kinderwunsch-Bewegung #1von7
Danke für diesen tollen Artikel Franziska! ❤️