Kinderwunsch-Behandlung: Von Höhen, Tiefen und Herausforderungen
Für Selina und Christian war ziemlich früh klar, dass eine Kinderwunsch-Behandlung erforderlich ist. Der Eileiter ist bei Selina undurchlässig und Christians Spermienqualität ist nicht ausreichend. Hier berichten die beiden von den Erfahrungen in der Kinderwunsch-Behandlung mit allen Höhen und Tiefen.
Auf Instagram sind Selina und Christian als @parents_of_a_dream bekannt.
Diagniose: Undurchlässige Eileiter
Anfang 2017 dachten wir eigentlich, dass wir überraschend schwanger wären, da bei Selina die Periode überfällig war. Nach mehreren negativen Tests sind wir dann ins Krankenhaus gefahren und dort wurde ein PCO-Syndrom festgestellt. Also mehrere Zysten am Eierstock. Damit hat dann unsere Reise begonnen, seitdem nimmt Selina dagegen Metformin, um einen geregelten Zyklus zu erhalten.
Ebenfalls 2017 wurde eine Gebärmutterspiegelung mit Eileiterdurchlässigkeitsprüfung durchgeführt. Direkt danach hätten wir eigentlich probieren sollen, ob es mit einem Baby klappt, aber dazu ist es nicht mehr gekommen, weil bei der Prüfung festgestellt wurde, dass ein Eileiter komplett undurchlässig ist und der zweite nicht mit der Gebärmutter verbunden ist.
Vorbereitung auf die Kinderwunsch-Behandlung
Nachdem dann klar war, dass wir definitiv über eine Kinderwunschklinik gehen müssen, haben wir langsam angefangen uns über verschiedene Kliniken zu informieren und auf Infoabende zu gehen, 2019 haben wir dann in Darmstadt die für uns ideale Kinderwunschklinik gefunden.
Die ersten Kinderwunsch-Behandlungen — ICSI und Kryo
Am Anfang haben wir etwas Zeit gebraucht um mit unserer Ärztin warm zu werden, aber am Ende des Gespräches haben wir uns in der Kinderwunschklinik absolut gut aufgehoben gefühlt. Schnell war auch klar, dass ICSI benötigen da Christians Schwimmer nicht sehr viele sind und auch leider sehr faul sind.
Danach begann erstmal ein Lauf zu den verschiedensten Ärzten um alles zusammen zu haben. Selina brauchte einen extra Zettel vom Frauenarzt, Christian musste extra zu einem Andrologen und dann musste auch der Behandlungsplan noch vor dem Jahreswechsel von der Krankenkasse genehmigt werden, damit nicht zum 01.01. die Bestimmungen geändert werden würden.
Und so begann am 23.12. die Einnahme von Estradiol um die Gebärmutter auf die Stimulation vorzubereiten. Als wir aus der Kinderwunschklinik rausgegangen sind, klingelte auch unser Handy und wir haben die Zusage für unsere Wohnung bekommen. Timing können wir.
Anfang des Jahres haben wir dann die Stimulation begonnen und waren dabei schon sehr aufgeregt. Für uns war klar, dass Christian die Spritzen setzt, einfach um auch wirklich mit dabei zu sein, wenn sich da im Körper etwas tut. Nebenwirkungen waren dann auch relativ schnell schon mit Übelkeit, Müdigkeit und Erbrechen dabei. Nur die gute Laune war eine schöne Nebenwirkung.
Vor der Punktion war die Nervosität dann schon auf einem sehr hohen Niveau, wie viele Eizellen haben es wirklich geschafft und geht dabei alles gut? Aber es ist alles gut gegangen und so konnte eine Eizelle am Ende transferiert werden und eine wurde eingefroren. Der Tag vom Transfer hatte es dann auch nochmal in sich zum Thema Aufregung.
Die Klinik hatte uns gesagt, dass sie sich nicht melden, wenn alles gut gehen würde und sich die Eizellen ordentlich entwickeln. Kurz vor Abfahrt klingelte dann aber das Telefon und wir waren schon kurz davor, alles abbrechen zu müssen. Dabei wollte sie uns dann nur mitteilen, dass Selina bitte nichtmehr auf Toilette gehen soll, da sie sonst die richtige Gebärmutter nicht so gut sehen würden, Selina hat zwei.
6 Tage nach Transfer haben wir dann den ersten Pipitest gemacht, an dem man eine Linie hätte erahnen können. Ein Tag später gab es dann einen positiven Pipitest und einen weiteren Tag später gab es dann den negativen Bluttest.
Die Enttäuschung war dann doch riesig, weil man durch den Pipitest so eine große Hoffnung hatte, die einfach komplett unbegründet war.
Bei der Kryo waren die Emotionen irgendwie etwas nüchterner, der Versuch lief komplett nebenbei. Getestet haben wir dort nicht, Bluttest war ebenfalls negativ.
Zweite ICSI: Der Schwangerschaftstest ist positiv
Bei der zweiten ICSI waren dann noch mehr Emotionen im Spiel. Durch ein höheres Stimulieren wurde die Ausbeute etwas verbessert, die Nebenwirkungen waren allerdings auch entsprechend heftiger.
Am Ende konnte eine Eizelle eingesetzt werden und zwei wurden eingefroren. Bei diesem Versuch haben wir das erste mal eine richtige Testreihe gemacht, die auch nach 6 Tagen immer positiver wurde.
Gespannt warteten wir auf den Bluttest. Doch wir bekamen keine Auskunft über den HCG-Wert, da erst ein Vergleichswert nötig war. Also sind wir nach Hause gefahren, waren etwas sauer, weil Christian sich extra den Nachmittag frei genommen hat, damit wir in diesem Moment einfach zusammen sind.
Daheim angekommen, habe ich schnell einen Clearblue-Schwangerschaftstest gemacht und wollte in der Zwischenzeit, während man warten muss (was einem ja immer wie 10 Stunden vorkommt) das Utrogest einnehmen. Christian stand gespannt bei dem Test. Nach ca. einer Minute kam er mit einem breiten grinsen ins Schlafzimmer und meinte nur “Schatz oh mein Gott da ist ein Plus”, also haben wir noch ca. 2 Minuten gewartet und dann stand da “+ 1–2” wir waren so überglücklich und konnten es einfach nicht fassen. Der ganze Kampf hatte sich zu dem Zeitpunkt so gelohnt.
Der Bluttest hat das positive Ergebnis dann auch bestätigt.
Die zweite ICSI endet mit einem Schock & Pause von der Kinderwunsch-Behandlung
Erst dritten Bluttest kam dann der Schock, der HcG-Wert ist gefallen. Christian war in dem Moment auf der Arbeit, als Selina den Wert von der Klinik erfahren hat. Nach einem tränenreichen Telefonat ist er ganz schnell heim gekommen und dort war der Schock dann riesig, Selina lag in dem zukünftigen Kinderzimmer weinend auf dem Boden.
Wir haben das Glück Familien zu haben, die uns in der Situation aufgefangen und aufgemuntert haben. Selinas Schwester und Mama kamen nur ein paar Stunden später mit einem Eis vorbei und abends haben sie uns direkt zum Abendessen mitgenommen.
Nun brauchen wir erst mal eine Pause von den Kinderwunsch-Behandlungen.
Die Herausforderungen der Kinderwunsch-Behandlung
Das größte Problem dürfte das Vereinbaren der Termine mit Selinas Arbeitszeiten sein. Selina arbeitet in einer Arztpraxis und dementsprechend hat sie feste Arbeitszeiten.
Ansonsten sind die Emotionen ein großer Punkt, da es gerade bei uns irgendwie immer eine ordentliche Achterbahnfahrt ist, die in dem Maße auch extrem anstrengend ist.
Kosten sind im ersten Moment nicht das größte Problem, da wir bei einer Krankenkasse sind, die 100 % übernimmt, auf lange Sicht wird das aber wahrscheinlich der Punkt werden, an dem dann ein Ende gesetzt werden muss.
Mit unserem Umfeld und unserer Partnerschaft haben wir die geringsten Probleme, da wir sehr offen mit unserem Weg umgehen, haben wir auch einen extremen Rückhalt, auch durch unsere Insta-Gemeinschaft, die uns immer wieder Kraft gibt.
Ein großer Tiefpunkt war der Verlust unserer Anna, wie wir den Embryo unserer zweiten ICSI liebevoll genannt haben.
Unsensible Fragen während der Kinderwunsch-Behandlung
Beispiele für Sätze, die einen immer wieder auf die Palme bringen gibt es genug: „Ihr seid doch noch jung.“ (Was hat das Alter damit zu tun, wenn man nicht ewig seinen Körper mit Hormonen vollpumpen möchte und kann?)
„Versucht euch nicht so unter Druck zu setzen“ (Mag sein, dass es auf natürlichem Wege manchmal mit Stress zu tun hat, aber wie soll man sich denn bei einer künstlichen Befruchtung nicht unter Druck setzen, wenn man genau weiß, was zu welchem Zeitpunkt im Körper der Frau vor sich geht?) und noch viele mehr.
So richtige Hasskommentare kennen wir tatsächlich bisher aber nur aus Erzählungen von anderen Insta-Kämpferinnen, wir selbst haben es nur einmal in abgeschwächter Form erlebt.
Nach unserem Frühabort unserer Anna haben wir ganz viele liebe und aufmunternde Worte und Nachrichten erhalten und nur eine hat sich im Endeffekt darüber lustig gemacht, dass wir es Anna getauft haben und es deswegen nicht bleiben wollte, weil es ja auch ein Junge hätte sein können. Da hilft dann einfach nur ignorieren.
Offener Umgang mit der Kinderwunsch-Behandlung
Im Prinzip wissen alle davon. Christian hat nur im April eine neue Arbeitsstelle angefangen, da wissen es noch nicht alle, da einfach die Sprache noch nicht darauf gekommen ist. Aber verheimlicht wird bei uns nichts.
Auch auf Instagram berichten wir über unsere Kinderwunsch-Behandlung. Am Anfang wollten wir einfach das Tabu-Thema brechen und alle mit auf unseren Weg mitnehmen, inzwischen sind es bereits über 2000 Menschen, die uns auf dem Weg begleiten und uns auch in jeder Situation immer wieder Mut zusprechen.
Die Grenzen der Kinderwunsch-Behandlung
Unsere Grenze wird das Finanzielle werden. Nach den drei Frischversuchen, die die Krankenkasse hoffentlich auch nächstes Jahr noch komplett übernimmt, wird es bei uns wahrscheinlich zu Plan B übergehen. Ursprünglich war Plan B die Welt zu zweit zu entdecken und ganz viel zu reisen, inzwischen beschäftigen wir uns aber auch intensiver mit dem Thema Adoption.
Tipps für andere Paare in Kinderwunsch-Behandlung
Unser erster und größter Tip:
Versucht, keine Schwangerschaftstests zu machen. Macht entweder gleich eine komplette Testreihe um den Verlauf zu sehen oder versucht direkt bis zum Bluttest durchzuhalten.
Bei unserer ICSI die funktioniert hat haben wir zum ersten mal beide die Produkte BabyForte Kinderwunsch und MascuPro Fertilität genutzt. Kann Zufall sein, aber wir nehmen sie definitiv weiter.
Außerdem: Haltet immer zusammen, egal was passiert. Wir merken es gerade zum zweiten mal dieses Jahr, dass man sich gegenseitig braucht und das man alles nur gemeinsam schaffen kann. Seht es auch immer als euren gemeinsamen Weg an, es ist niemals nur der Weg der Frau, ihr müsst da beide durch.
Ich bin Claudia. Kinderwunsch-Bloggerin mit über 10 Jahren eigener Kinderwunsch-Erfahrung: Endometriose-Fighterin, IVF-Kennerin, ICSI-Schwester, Pimp my Eggs Befürworterin und Initiatorin der Kinderwunsch-Bewegung #1von7
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