“Wenn Sie auf nor­ma­lem Weg schwan­ger wer­den, ist das ein 6er im Lot­to!”

In der Rei­he Kin­der­wunsch Unplug­ged führt Weg­wei­ser Kin­der­wunsch Inter­views mit Frau­en und Män­nern, die vom uner­füll­ten Kin­der­wunsch betrof­fen sind. Hier hier wer­den The­men ange­spro­chen, die meis­tens tabu sind. Du bist auf dei­nem Kin­der­wunsch-Weg mit allen sei­nen Sor­gen, Ängs­ten und Nöten nicht allei­ne. 


Heu­te im Inter­view: Cari­na, 29 Jah­re, 1 IVF, 1 ICSI, 3 Kin­der & schwan­ger mit Kind Nr. 4

Cari­na wünsch­te sich bereits mit Anfang 20 das ers­te Kind — inzwi­schen hat Sie Drei und das vier­te Kind ist unter­wegs. Im ers­ten Moment hört sich das so an, als ob alles nach Plan gelau­fen ist im Leben von Cari­na. Doch der Ein­druck täuscht.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Wer bist Du? Erzäh­le uns ein wenig über dich selbst.

Cari­na:

Mein Name ist Cari­na. Ich bin aus Düs­sel­dorf, 29 Jah­re alt, ver­hei­ra­tet und mit Kind Num­mer vier schwan­ger.
Vor mei­nem Beschäf­ti­gungs­ver­bot habe ich in einer Pra­xis für Chirurgie/Gefäßchirurgie gear­bei­tet.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Was hast Du auf Dei­nem Kin­der­wunsch-Weg alles erlebt?

Cari­na: 

Mein Kin­der­wunsch-Weg begann zum Stau­nen vie­ler sehr früh. Als ich 19 Jah­re alt war und gera­de ein Jahr mit mei­nem jet­zi­gen Ehe­mann zusam­men war, ver­irr­te sich auf Grund mei­ner unre­gel­mä­ßi­gen Pil­len­ein­nah­me ein klei­ner Embryo in mei­nem Bauch. Doch das Schick­sal ent­schied sich gegen mei­nen Wunsch die­sem Baby das Leben schen­ken zu kön­nen. Es folg­te eine Aus­scha­bung und da begann mein Wunsch ein Baby zu bekom­men.

Ein hal­bes Jahr ver­hü­te­te ich noch mit der Pil­le und dann setz­te ich sie ab mit dem Gewis­sen bald wie­der schwan­ger zu sein. Es pas­sier­te nichts. Ein Jahr spä­ter saß ich also bei mei­ner Gynä­ko­lo­gin, die mei­nen Wunsch eher belä­chel­te mir aber den­noch mit Zyklus­mo­ni­to­ring und Clo­mi­fen beim Schwan­ger wer­den hel­fen woll­te. Auch das brach­te nichts und mein Mann muss­te zu sei­nem ers­ten Sper­mio­gramm. Der Uro­lo­ge sag­te: “Was ein­mal befruch­tet hat, befruch­tet auch noch­mal!”
Die Sper­mi­en sei­en gut genug um mich auf natür­li­chem Weg zu befruch­ten. Also war­te­ten wir noch wei­te­re sechs Mona­te mit GVNP, ES-Aus­lö­se­sprit­ze und Hor­mo­nen doch nichts tat sich.

Nach­dem ich bei mei­ner Ärz­tin in Trä­nen aus­brach stell­te sie mir eine Über­wei­sung in ein Kin­der­wunsch­zen­trum aus.
Auch hier wur­den wir auf Grund unse­res Alters (mitt­ler­wei­le 21) belä­chelt.
Nach einem wei­te­ren Sper­mio­gramm wur­de uns zu einer IUI (Inse­mi­na­ti­on) gera­ten. Drei Stück davon mit nega­ti­vem Aus­gang und etli­che Gesprä­che bei der kli­nik­ei­ge­nen Psy­cho­lo­gin um die Ver­gan­gen­heit auf­zu­ar­bei­ten brauch­te ich, damit wir uns für eine IVF ent­schie­den. Auf Grund der Tat­sa­che, dass wir Selbst­zah­ler waren soll­te die IVF erst Mal der letz­te Ver­such sein. Doch auch die­se ging nega­tiv aus.

Ok! Schluß, Ende, Aus! Die letz­ten Kin­der­wunsch­jah­re haben unse­re Bezie­hung so sehr belas­tet, dass ich mich dazu ent­schied auf­zu­ge­ben. Trotz­dem hielt unse­re Bezie­hung die immer noch anhal­ten­de Belas­tung nicht aus und wir trenn­ten uns vor­läu­fig.

Aus noch ein­mal mit­ein­an­der schla­fen ent­stand dann zwei Wochen spä­ter ein posi­ti­ver Schwan­ger­schafts­test und wir gaben unse­rer Lie­be noch eine Chan­ce. 8 Mona­te spä­ter bekam ich einen gesun­den Jun­gen und das Glück war per­fekt. Ger­ne hät­te ich direkt noch eins hin­ter­her gelegt, aber ich woll­te die Zeit mit die­sem Wun­der ja auch genie­ßen.

Als er drei Jah­re alt wur­de ent­schie­den wir uns dazu doch noch für ein Geschwis­ter­chen zu üben und somit begann der Teu­fels­kreis wie­der von Vor­ne.
Wie­der Zyklus­mo­ni­to­ring, wie­der Clo­mi­fen, wie­der ES-Aus­lö­se­sprit­zen, und auch wie­der GVNP. Nichts pas­sier­te. Ich hielt inne. Soll­te ich mich nicht glück­lich schät­zen mit einem gesun­den Wun­der? Ja das soll­te ich. Aber noch­mal schwan­ger sein, noch­mal ein Baby auf die Welt brin­gen und auf­wach­sen sehen wür­de uns nicht noch­mal zu Eltern machen, son­dern zu einer Fami­lie. Ja das woll­te ich. Ich woll­te die­sen Kum­mer, die­se Ängs­te und Hoff­nun­gen alle noch ein­mal erle­ben.

Zwei Jah­re nach dem Start­schuss such­ten wir wie­der eine Kin­der­wunsch­kli­nik auf. Eine ande­re als damals. Eine mit einem bes­se­ren Ruf. Schnell war das Pro­blem gefun­den es lag an mei­nem Mann:
0,1% brauch­ba­re befruch­tungs­fä­hi­ge Sper­mi­en besaß er. Ein Schlag ins Gesicht.
“Wenn Sie noch­mal auf nor­ma­lem Weg schwan­ger wer­den, ist das mehr als ein 6er im Lot­to!”, sag­te die Ärz­tin.
Nur eine ICSI konn­te uns hel­fen.

Lan­ge schlaf­lo­se und durch­wein­te Näch­te folg­ten. Mein Mann war dage­gen. Er woll­te mich nicht noch­mal so lei­den sehen wie damals. Ich war natür­lich dafür es noch ein ein­zi­ges Mal zu pro­bie­ren. Wir pro­bier­ten es. Auch hier lief es nicht nach Plan, denn die ICSI soll­te auf Grund von nur zwei Eizel­len die im US sicht­bar waren abge­bro­chen wer­den. Ich woll­te aber nicht abbre­chen und so folg­te die Punk­ti­on zwei Tage spä­ter. Wei­te­re zwei Tage spä­ter wur­den mir zwei Embry­os mit mäßi­ger Qua­li­tät ein­ge­setzt. Als die­ser Satz fiel hat­te ich bereits damit abge­schlos­sen, dass es über­haupt klap­pen könn­te.

Ich bin lei­der ein sehr pes­si­mis­ti­scher Mensch und somit war die­ser Ver­such bereits abge­hakt für mich.
Ein paar Tage spä­ter mach­te sich die­ses komi­sche Gefühl in mir breit.
War ich doch schwan­ger? Hat­te es doch geklappt? Ich kauf­te vier Dop­pel­pa­ckun­gen Schwan­ger­schafts­tests. Der Ers­te zeig­te mir kei­ne zwei­te Linie an. Ich schmiss ihn in den Müll um ihn etwas spä­ter noch­mal raus­zu­ho­len und mei­nem Mann zu zei­gen.
“Da ist doch eine Linie!” , sag­te er. Und tat­säch­lich jetzt erkann­te auch ich einen Hauch einer zwei­ten Linie.
Die­se zwei­te Linie wur­de von Tag zu Tag dicker. Es hat­te tat­säch­lich geklappt. Ers­te ICSI und ich bin schwan­ger. Beim ers­ten US schlu­gen zwei Her­zen und die­se lie­gen jetzt gesund neben mir und schla­fen.

Auf­grund des schlech­ten Sper­mio­gram­mes mei­nes Manns, dach­ten wir nach der glück­li­chen ICSI natür­lich nicht über Ver­hü­tung nach. Als der Schwan­ger­schafts­test 6 Mona­te nach Geburt der Zwil­lin­ge wie­der posi­tiv war, konn­ten wir es im ers­ten Moment kaum glau­ben. Der 6er im Lot­to hat uns getrof­fen.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Was sind für dich die größ­ten Her­aus­for­de­run­gen und Pro­ble­me in Bezug auf den uner­füll­ten Kin­der­wunsch?

Cari­na:

Das größ­te Pro­blem für mich war einer­seits ver­ste­hen zu müs­sen, dass die Medi­zin einem hel­fen kann das aber nicht immer tut.
Unse­re Part­ner­schaft hat wie oben bereits geschrie­ben beim ers­ten Mal sehr gelit­ten. Heu­te kön­nen wir sagen es hat uns noch viel mehr zusam­men­ge­schweißt und ich bin froh das alles mit genau die­sem Mann an mei­ner Sei­te durch­ge­stan­den zu haben.

Kos­ten­tech­nisch war es damals für uns eine rie­sen Belas­tung, da wir jede Blut­ab­nah­me, jedes Sper­mio­gramm, jeden US aus eige­ner Tasche bezahlt haben.

Mein Umfeld hat nie posi­tiv auf die ers­te Kin­der­wu­sch­run­de reagiert. Weder “Freun­de” ver­stan­den die­sen Wunsch, noch war es beruf­lich ein­fach die Ter­mi­ne in der Kli­nik unter einen Hut zu brin­gen. Und immer wie­der wur­de uns gesagt:
“Ihr seid doch noch so jung!” “Fahrt doch ein­fach in den Urlaub!” und noch mehr der typi­schen Sprü­che von Men­schen die nie in die­ser Kin­der­wunsch-Spi­ra­le steck­ten…

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Gab es für dich einen per­sön­li­chen Tief­punkt und wie hast du ihn über­wun­den?

Cari­na:

Mein Tief­punkt war die geschei­ter­te IVF. Ich dach­te mir immer wie­der: “Die Medi­zin macht mir schon ein Baby!”
Das war naiv so zu den­ken. Die Medi­zin kann vie­les und mir auch dabei hel­fen ein Baby zu bekom­men, doch letz­ten Endes hat nur Mut­ter­na­tur und auch ein biss­chen das Schick­sal die Kraft dar­über zu ent­schei­den, ob und vor allem wann wir schwan­ger wer­den und ein Baby zur Welt brin­gen.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:  Was hat dir Kraft und Mut auf dei­nem Weg gege­ben?

Cari­na:

Kraft gege­ben hat mir in Run­de 1 tat­säch­lich nur die Tat­sa­che, dass alle mei­ne Freun­din­nen bereits Kin­der hat­ten und ich die­se mit auf­wach­sen sehen und aktiv am All­tag teil­ha­ben durf­te. Der Gedan­ke nie mein eige­nes Fleisch und Blut auf die Welt brin­gen zu kön­nen riss mir das Herz raus. Aber ich sah auch wie viel ich frem­den Kin­dern geben konn­te und das beru­hig­te mich irgend­wie doch eine “Auf­ga­be” gefun­den zu haben.

In Run­de 2 war es tat­säch­lich mein Insta­gram Account der mir zeig­te, dass ich ein­fach nicht allei­ne bin und all die­se Frau­en haben mir immer wie­der Mut gemacht und gut zuge­re­det. Das hat unglaub­lich gut getan sich mit Gleich­ge­sinn­ten zu unter­hal­ten mit denen man Sor­gen, Ängs­te und auch Hoff­nung tei­len kann.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch: Was soll­te bei einer Frau mit Kin­der­wunsch nicht im Schrank feh­len?

Emp­feh­lens­wert fin­de ich, dass man sei­nen Zyklus schon ein biss­chen kennt. Des­halb sind OVU’s bzw ein Zyklus­com­pu­ter und ein paar gute Schwan­ger­schafts­tests nichts ver­kehrt.

Ich per­sön­lich habe in der Kin­der­wunsch­zeit dar­auf geach­tet mich beson­ders “gesund” zu ernäh­ren. Also mehr Obst und Gemü­se als sonst. Und ich fin­de Fol­säu­re darf auch in kei­nem Kin­der­wunsch­haus­halt feh­len.

Vor mei­ner ers­ten IVF habe ich damals das Buch Gelas­sen durch die Kin­der­wunsch­zeit von Bir­git Zart gele­sen. Das Buch ist zwar etwas eso­te­risch ange­haucht und ob es wirk­lich dazu bei­getra­gen hat, dass ich ein­fach so mit mei­nem Bub schwan­ger wur­de mag manch einer bezwei­feln, aber auf den ers­ten Sei­ten beim Lesen fand ich mich wie­der und ich den­ke das gibt einem sehr viel.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch: 
Wie offen bist Du mit dem uner­füll­ten Kin­der­wunsch umge­gan­gen?

Cari­na:

In Run­de 1 wuss­ten ein­fach alle davon! Jeder der uns kann­te wuss­te was wir gera­de tun und da wir auf so viel Unver­ständ­nis tra­fen ent­schied ich mich in Run­de 2 kei­nem etwas davon zu erzäh­len. Bis zu einem gewis­sen Zeit­punkt klapp­te das auch ganz gut, aber nach und nach hab ich doch die engs­ten Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen und Freun­de ein­ge­weiht.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Wur­dest Du in Bezug auf den Kin­der­wunsch mit unsen­si­blen Fra­gen oder gut gemein­ten Rat­schlä­gen kon­fron­tiert? Kannst Du uns ein Bei­spiel nen­nen und sagen, wie du damit umge­gan­gen bist.

Cari­na: 

Die Haupt­aus­sa­gen von fast allen war: “Es wird schon sei­ne Grün­de haben war­um du nicht schwan­ger wirst…” und
“Ihr spielt da Gott!”

Natür­lich habe ich öfters dar­über nach­ge­dacht wie viel “ein­grei­fen” eigent­lich ok ist und bin zu dem Ent­schluss gekom­men, dass ein Herz­schritt­ma­cher oder bei­spiels­wei­se eine Wie­der­be­le­bung auch “Gott spie­len” sein müss­te. Dem­nach habe ich mir nach eini­ger Zeit aus sol­chen Aus­sa­gen nie viel gemacht und immer mit mei­ner Gegen­theo­rie gekon­tert. Da wur­de es dann schnell ruhig.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Möch­test Du den Lesern sonst noch etwas mit auf den Weg geben? 

Cari­na:

Ganz wich­tig fin­de ich vor­her mit sei­nem Part­ner zu klä­ren wie weit man eigent­lich gehen möch­te. Die Ansich­ten soll­ten von Vorn­her­ein geklärt sein, damit in so einer sowie­so schon ner­ven­auf­rei­ben­den und emo­tio­na­len Behand­lung man nicht noch anfängt dar­über zu strei­ten.

Damit mei­ne ich Fra­gen wie:

  • Wie vie­le Ver­su­che machen wir?
  • Wann machen wir eine Pau­se?
  • Eizell­spen­de? Leih­mut­ter­schaft? Adop­ti­on?

Natür­lich kann man auch das alles nicht zu 100% pla­nen, aber ich fin­de es hilft doch ein biss­chen in eine gewis­se Rich­tung zu len­ken.

Zum Schluss möch­te ich noch sagen:

Tut wonach auch immer Euch ist. Wenn Ihr Lust auf einen spon­ta­nen Kurz­ur­laub mit Eurer Freun­din habt, dann macht das.
Wenn Euch nicht danach ist, Euch mit Eurer “Ich bin einen Monat nach Abset­zen der Pil­le schwan­ger geworden”-Schwägerin an einen Tisch zu set­zen, dann lasst es! Es ist Euer gutes Recht.
Und ganz wich­tig:
Bleibt ein Paar und lebt! Egal was Euch erwar­tet, nichts lässt sich zu 100% pla­nen!

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Vie­len Dank, dass du uns einen Ein­blick in dei­nen auf­re­gen­den Kin­der­wunsch-Weg gege­ben hast. Schön und nahe­zu ein Wun­der, dass aus dei­nem Kin­der­wunsch nun eine ech­te Groß­fa­mi­lie gewor­den ist. Viel Glück für die Geburt dei­nes Kin­des und alles Gute für eure Zukunft.

Ger­ne kannst du einen Kom­men­tar für Cari­na hin­ter­las­sen (auf der Sei­te ganz unten).

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