“Ich fühl­te mich, als Frau ver­sagt zu haben. Zudem war die Belas­tung im Job neben der Behand­lung sehr anstren­gend.”

In der Rei­he Kin­der­wunsch Unplug­ged führt Weg­wei­ser Kin­der­wunsch Inter­views mit Frau­en und Män­nern, die vom uner­füll­ten Kin­der­wunsch betrof­fen sind. Hier hier wer­den The­men ange­spro­chen, die meis­tens tabu sind. Du bist auf dei­nem Kin­der­wunsch-Weg mit allen sei­nen Sor­gen, Ängs­ten und Nöten nicht allei­ne. 


Heu­te im Inter­view: Mi, 31 Jah­re, 3 ICSIS

Mi wuss­te schon als Kind, dass sie eine Fami­lie mit 2 Kin­dern möch­te, doch auch nach 3 ICSIs hat sich die­ser Wunsch lei­der nicht erfüllt. Als Paar haben Sie vie­les pro­biert: ange­fan­gen bei der Heil­prak­ti­ke­rin bis hin zur Kin­der­wunsch-Kli­nik. Eine anstren­gen­de Zeit für Mi — beglei­tet von den Gefüh­len als Frau zu ver­sa­gen bis hin zum Burn­out.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Wer bist Du? Erzäh­le uns ein wenig über dich selbst.

Mi:

Ich bin Mi, 31 Jah­re alt, Diplom Päd­ago­gin und bin seit 16Jahren mit mei­nem Mann (35) zusam­men, 7 davon ver­hei­ra­tet. Wir haben ein Haus mit Gar­ten, zwei Autos, einen Hund, tol­le Jobs (ich arbei­te in einem Kin­der­heim mit Fami­li­en­kon­zept) und den­noch fehlt uns seit nun knap­pen 5 Jah­ren die Erfül­lung unse­res Kin­der­wun­sches….

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Was hast Du auf Dei­nem Kin­der­wunsch-Weg alles erlebt?

Mi: 

Ich wuss­te schon als Kind, dass ich spä­ter unbe­dingt eine Fami­lie haben möch­te, einen Jun­gen und ein Mäd­chen. Als ich mei­nen Mann ken­nen­lern­te und der Kin­der­wunsch nach mei­nem Stu­di­um in die Tat umge­setzt wer­den soll­te, ahn­te ich noch nichts von dem schwe­ren Weg. Wir ver­such­ten es erst ein Jahr selbst, die Frau­en­ärz­tin beru­hig­te uns immer wie­der, doch ich spür­te, dass was nicht stimmt.

So wur­den bei einem US dann zwei Bil­lard­ku­gel gro­ße Der­mo­id­zys­ten ent­deckt, die mit den Eier­stö­cken ver­wach­sen waren und ope­ra­tiv ent­fernt wer­den muss­ten. Sie konn­ten erhal­ten blei­ben, doch mei­ne Hor­mon­wer­te waren erschre­ckend, vor­zei­ti­ge Wech­sel­jah­re. Und das Sper­mio­gramm mei­nes Man­nes zeig­te auch ein nicht so posi­ti­ves Ergeb­nis.

Ich ging ein Jahr lang zu einer befreun­de­ten Heil­prak­ti­ke­rin, die schon vie­len Paa­ren zum Wunsch­kind ver­hel­fen konn­te. Doch bei uns blieb sie lei­der erfolg­los. Also ver­ein­bar­ten wir nach knap­pen 2 Jah­ren einen Ter­min in einer Kin­der­wunsch­kli­nik.

Auf­grund unse­rer Wer­te blieb uns hier nur die ICSI. Unse­re Kran­ken­kas­se über­nahm 100% der Kos­ten für 3 Ver­su­che. Wir waren sehr hoff­nungs­voll.

ICSI 1 mach­te mir sehr zu schaf­fen, die Hor­mo­ne hat­ten es in sich und ich erlitt auch noch ein Burn­out, weil ich auf der Arbeit sehr viel Stress hat­te. Das Ergeb­nis war posi­tiv, doch lei­der mit einem gro­ßen ABER, denn der Wert war mit 20 viel zu nied­rig und so ende­te die­se bio­che­mi­sche Schwan­ger­schaft eine Woche spä­ter.

Nach nur einem War­te­zy­klus star­te­ten wir direkt ICSI Num­mer 2. Nun mit höher dosier­ten Medi­ka­men­ten, Sper­mi­en­se­lek­ti­on etc. Doch die­ser ende­te nega­tiv. Wir brauch­ten dann über ein hal­bes Jahr, bis wir uns ent­schie­den, den drit­ten Ver­such zu wagen.

Nach ICSI 2 wur­den wir gene­tisch unter­sucht, es zeig­ten sich jedoch kei­ne Auf­fäl­lig­kei­ten. Der drit­te Ver­such wur­de zu einem All inclu­si­ve Paket: Scrat­ching, Blas­to­zys­ten­kul­tur, PICSI, Ein­nis­tungs­sprit­ze, Assis­ted Hatching….doch lei­der auch hier: nega­tiv. Ende. Aus. Vor­bei.

Ich habe in der Kiwu Zeit viel aus­pro­biert: Medi­ta­ti­on, Psy­cho­the­ra­pie, Heil­prak­ti­ker, Gewichts­re­duk­ti­on (25kg, doch durch die Hor­mo­ne nahm ich wie­der zu), Vit­ami­ne, Ovu­la­ti­ons­tests, Tem­pe­ra­tur­kur­ven etc….doch alles ohne Erfolg. Doch die Psy­cho­the­ra­pie half mir sehr und tut es immer noch.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Was hat dich dazu bewegt, dei­ne Erfah­run­gen als Blog auf  http://faulerstorch.blogspot.de zu ver­öf­fent­li­chen?

Mi:
Ich habe es zunächst als eine Art the­ra­peu­ti­sches Schrei­ben gese­hen. Und so habe ich für mein Wunsch­kind auch eine Art Tage­buch der Stra­pa­zen. Ich las vie­le Blogs und teil­te dann mei­ne Posts auch in Face­book-Grup­pen etc., weil da vie­le Fra­gen auf­ka­men.

Die meis­ten wur­den auf natür­li­che Wei­se schwan­ger und kann­ten sich nicht aus. Das The­ma künst­li­che Befruch­tung wirft so vie­le Fra­gen auf, ich woll­te die Ant­wor­ten tei­len und auch zei­gen, dass ich trotz allem den Humor nicht ver­lo­ren habe.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Was sind für dich die größ­ten Her­aus­for­de­run­gen und Pro­ble­me in Bezug auf den uner­füll­ten Kin­der­wunsch?

Mi:

Das Schlimms­te sind die Fra­gen, wann end­lich Nach­wuchs ansteht. Ich habe immer offen gesagt, dass ich mir Kin­der wün­sche, also waren die­se nur berech­tigt. Wir erfan­den immer mehr Aus­re­den und weih­ten nur weni­ge in die Behand­lun­gen ein.

 

Ich fühl­te mich, als Frau ver­sagt zu haben. Zudem war die Belas­tung im Job neben der Behand­lung auch sehr anstren­gend. Ich muss­te Ter­mi­ne koor­di­nie­ren und es ging mir oft schlecht.

Am Ende war mir psy­chisch alles zu viel. Ich sah mei­ne Freun­de und Kol­le­gen um mich her­um schwan­ger wer­den, das war wirk­lich schwer am Anfang. Immer wie­der frag­te ich mich, war­um die und nicht wir??? Ich hass­te es, dass ich mich nicht rich­tig mit­freu­en konn­te….

 

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Gab es für dich einen per­sön­li­chen Tief­punkt und wie hast du ihn über­wun­den?

Mi:

Der Tief­punkt war das Burn­out. Ich war drei Mona­te zu Hau­se und ver­lor eini­ge Freun­de, die damit nicht zurecht kamen. Ich hat­te plötz­lich beruf­lich kei­ner­lei Per­spek­ti­ve mehr und als Frau hat­te ich auch ver­sagt, dach­te ich.

Ich hat­te gro­ßes Glück, dass mei­ne Fami­lie mich so unter­stützt hat und ich ein Job­an­ge­bot in einer tol­len Grup­pe bekam. Ich war 5 Wochen in Reha und konn­te sehr viel über mich ler­nen.

Es ging berg­auf, doch auch die drit­te und für uns letz­te ICSI war noch­mal ein Schock. Wir haben immer gesagt, wir set­zen uns Gren­zen und auch die Ärz­te sag­ten, die Eizell­qua­li­tät näh­me immer wei­ter ab, so dass ein wei­te­rer Ver­such nicht sinn­voll sei.

Höchs­tens noch eine Eizell­spen­de etc. Wir ent­schie­den und dage­gen. Das war der Abschied von einem leib­li­chen Kind. Kürz­lich ver­kün­de­te mein älte­rer Bru­der, dass er nun Vater wird. Das hat mich sehr zurück­ge­wor­fen, doch so lang­sam gewöh­ne ich mich an den Gedan­ken und freue mich dar­auf Tan­te zu wer­den, auch wenn ich den Neid noch nicht völ­lig aus­blen­den kann…

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch: 

Was gibt dir sonst noch Kraft und Mut auf dei­nem Weg?

Mi:

Mei­ne Fami­lie und auch mei­ne guten Freun­de stan­den mir immer bei. Auch wenn sie nicht immer nach­füh­len konn­ten, wie es mir geht. Ich habe durch die The­ra­pie gelernt, mit dem The­ma auch offen umzu­ge­hen und nach vorn zu sehen.

Zudem haben die Face­book-Grup­pen, in denen ich mich spä­ter mit Betrof­fe­nen aus­tau­schen konn­te sehr viel gehol­fen. Es gab da wirk­lich sehr lie­be Men­schen, die mich, obwohl ich ihnen fremd war, sehr unter­stützt haben. Ich kon­zen­trie­re mich inzwi­schen mehr auf mei­ne Hob­bys, wie das Nähen. Ich nähe nun auch neben­be­ruf­lich und freue mich sogar über jedes Kin­der­klei­dungs­stück, das ich nähen darf.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch: 
Wie offen gehst Du mit dem uner­füll­ten Kin­der­wunsch um?

Mi:

Inzwi­schen bin ich recht offen. Anfangs haben wir nur enge Freun­de und unse­re Fami­li­en ein­ge­weiht, nun habe ich jedoch kei­ne Lust mehr mich zu ver­ste­cken und spre­che offen dar­über, wenn mich jemand nach mei­nem Kin­der­wunsch fragt. So weiß zum Bei­spiel auch mei­ne Che­fin Bescheid und freut sich mit uns über die Adop­ti­ons­plä­ne.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Wur­dest Du in Bezug auf den Kin­der­wunsch mit unsen­si­blen Fra­gen oder gut gemein­ten Rat­schlä­gen kon­fron­tiert? Kannst Du uns ein Bei­spiel nen­nen und sagen, wie du damit umge­gan­gen bist.

Mi: 

Das ist mir lei­der schon sehr oft pas­siert. Die stän­di­gen Fra­gen, wann es end­lich so weit sei, die Uhr wür­de ja laut ticken, igno­rie­re ich inzwi­schen oder sage offen, dass es bei uns eben nicht funk­tio­niert und es sehr weh tut, dar­über so zu hören. Vie­le mei­nen es aber auch nur gut.

Da kennt jeder jeman­den, der jeman­den kennt, der dann doch unver­hoff­ter Wei­se natür­lich schwan­ger wur­de, als er abge­schlos­sen hat mit dem Kin­der­wunsch oder an eine Adop­ti­on dach­te. Ja, auch ich ken­ne sol­che Fäl­le, in denen Wun­der pas­sier­ten, aber ich möch­te nicht dar­an glau­ben. Das setzt mich unter Druck. Ich sage nun ganz offen, dass ich das nicht hören möch­te, ich mich natür­lich freu­en wür­de, wenn uns die­ser Lot­to­ge­winn erei­len wür­de. Ich muss eben ande­re Wege fin­den.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch: Wie weit wür­dest Du für den Kin­der­wunsch gehen?

Mi:

Wir haben an Eizell­spen­de gedacht. Aber Fremd­ma­te­ri­al ist irgend­wie ein komi­scher Gedan­ke für uns. Bei einer Adop­ti­on ist es klar, dass da ein gene­ti­scher Unter­schied besteht, da ist das anders. Wir möch­ten nun einen Antrag stel­len und hof­fen, dass sich das Ver­fah­ren nicht zu lan­ge hin­zieht.

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Möch­test Du den Lesern sonst noch etwas mit auf den Weg geben? 

Mi:

Lasst euch bit­te von nie­man­dem stres­sen, was den Kiwu angeht. Geht offen mit dem The­ma um, das beugt vie­len Ver­let­zun­gen vor. Und hört immer auf euer Herz und euren Bauch. Ihr seid nicht allein, ihr seid eines von sie­ben Paa­ren, die nicht schwan­ger wer­den (kön­nen).

Weg­wei­ser Kin­der­wunsch:
Vie­len Dank für dei­ne offe­nen und ehr­li­chen Ant­wor­ten. Vie­le Leser wer­den erken­nen, dass sie mit den Gefüh­len in der anstren­gen­den Kin­der­wunsch-Zeit nicht allei­ne sind und dass die Behand­lun­gen viel Kraft kos­ten kön­nen. Für den wei­te­ren Weg wün­sche ich dir alles Gute. Auf die Fort­set­zung dei­ner Geschich­te bin ich gespannt.

Ger­ne kannst du einen Kom­men­tar für Mi hin­ter­las­sen (auf der Sei­te ganz unten).

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